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Virtuelle Beteiligungen

Als sogenannte virtuelle Beteiligung wird eine vertragliche Vereinbarung bezeichnet, wonach ein Mitarbeiter (typischerweise ein Arbeitnehmer) im etwaigen Falle der Unternehmensveräußerung durch seinen Arbeitgeber (zumeist eines Start-ups) in bestimmtem Umfang an dem Veräußerungsgewinn beteiligt werden soll. Im Gegenzug nimmt der Mitarbeiter regelmäßig ein vergleichsweise geringes Festgehalt in Kauf. Derartige Vereinbarungen können sich für alle Beteiligten als vorteilhaft erweisen und erfreuen sich daher zurecht einer zunehmenden Beliebtheit. Die rechtliche Ausgestaltung des konkreten Beteiligungsvertrags erfordert allerdings ein erhöhtes Maß an Sorgfalt, um unliebsame Überraschungen (z.B. Steuernachteile, Ausgleichszahlungen) zu vermeiden.

Virtuelle Beteiligungen im Allgemeinen

Virtuelle Beteiligungsmodelle lassen sich in der Praxis häufig zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern antreffen. Terminologisch werden verschiedene Begriffe verwendet (z.B. virtual shares; phantom shares), die sich jedoch inhaltlich im Grundsatz nicht unterscheiden. Prägendes Merkmal einer virtuellen Beteiligung ist ihre schuldrechtliche Rechtsnatur, wodurch sie sich von "echten" gesellschaftsrechtlich organisierten Beteiligungsformen unterscheidet. In der Praxis sind virtuelle Beteiligungen insbesondere bei Start-ups anzutreffen, deren Geschäftspolitik auf dem Ansatz beruht, das Unternehmen früher oder später gewinnbringend zu veräußern („build-to-sell“).

Die Vor- und Nachteile virtueller Beteiligungen

Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann es viele gute Gründe geben, den Abschluss einer virtuellen Beteiligungsvereinbarung in Erwägung zu ziehen. Für beide Seiten ergibt sich gegenüber den klassischen Formen der gesellschaftsrechtsrechtlichen Beteiligung der große Vorteil weitgehender Gestaltungsfreiheit, da die teils engen Vorgaben des Gesellschaftsrechts (wegen des schuldrechtlichen Charakters der virtuellen Beteiligung) nicht zu beachten sind. So entfällt beispielsweise der Gang zum Notar und die Eintragung in das Handelsregister, was sich in einer deutlichen Kostenersparnis bemerkbar macht.

Für den Unternehmer ist es daneben regelmäßig von entscheidender Bedeutung, dass dem virtuell beteiligten Mitarbeiter – mangels Anwendbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben – keine allzu weitreichenden (gesetzlichen) Informations- und Mitbestimmungsrechte zustehen, sodass Unternehmensinterna weiterhin geheim gehalten werden können und das Heft des Handelns in den Händen des Unternehmers verbleiben kann (sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde). Zudem wirkt sich das Modell positiv auf die Liquidität des Unternehmens aus, da der Arbeitnehmer im Gegenzug für die Einräumung einer virtuellen Beteiligung regelmäßig dazu bereit ist, einen nennenswerten Abschlag von seinem Gehalt in Kauf zu nehmen. Dieser Liquiditätsvorteil kann gerade für Start-ups ein bedeutender Anreiz sein. Schließlich kann durch die virtuelle Beteiligung und die damit zumeist einhergehende Gewinnung besonders qualifizierter Mitarbeiter der Unternehmenswert gesteigert werden (erhöhte Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Investoren oder Käufer).

Der Mitarbeiter wird sich von seiner virtuellen Beteiligung in der Regel die Chance auf einen bedeutenden Anteil am späteren (eventuellen/ungewissen) Veräußerungserlös versprechen. Über die konkrete Höhe der Beteiligung am Erlös und über weitere Konditionen gibt im Einzelnen der Beteiligungsvertrag Aufschluss.

Inhalt des Beteiligungsvertrags

Weil die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in Bezug auf die virtuelle Beteiligung nicht anwendbar sind, bildet der Beteiligungsvertrag die alles entscheidende Rechtsgrundlage, um die Verhältnisse der Parteien zufriedenstellend zu regeln: Er ist das Herzstück einer vorausschauenden Rechtsgestaltung, um finanziellen und ggf. auch persönlichen Enttäuschungen vorzubeugen.

Besonderes Augenmerk ist zunächst auf die rechtlich einwandfreie Formulierung der Kernthemen (insbesondere: Höhe der Beteiligung und sonstige Modalitäten) zu legen. Die Beteiligungshöhe kann zwischen den Parteien frei ausgehandelt werden. Zumeist wird in diesem Rahmen ein sogenanntes Vesting vereinbart, was bedeutet, dass die virtuellen Anteile dem Arbeitnehmer nicht auf einen Schlag, sondern kontinuierlich (sukzessive) zuwachsen ("gevestet" werden). Hieran hat oftmals der Arbeitgeber ein Interesse, will er doch sicherstellen, dass der Arbeitnehmer einen ausreichenden Anreiz zum weiteren Verbleib im Unternehmen hat. Dieser Anreiz kann vertraglich noch dadurch verstärkt werden, dass sich die virtuellen Anteile beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (zum Teil) wieder verringern („abschmelzen“). Zudem kann eine Mindestbeteiligungsdauer („Cliff“) vereinbart werden, sodass das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen – je nach Anlass des Ausscheidens („good leaver“ bzw. „bad leaver“) – zum vollständigen oder teilweisen Verlust des Anspruchs auf Prämienzahlung führt.

Aber auch vermeintliche Nebensächlichkeiten sollten kritisch hinterfragt werden, da oftmals gerade auf Arbeitnehmerseite eine einseitige ("versteckte") Übervorteilung droht. So ist etwa der Gefahr einer wirtschaftlichen Beteiligungsentwertung (z.B. infolge einer Kapitalerhöhung) angemessen zu begegnen.

Beachten Sie: Die Durchsetzung eines umfangreichen Schutzes vor Entwertung (Verwässerung) der Beteiligung („Anti-Dilution“) wird für den künftigen virtuell Beteiligten allerdings regelmäßig ein enormer Kraftakt sein, da dessen Interesse an Wertstabilität hier in einen Konflikt gerät mit dem Interesse des Unternehmers, keine allzu hohen Hürden für künftige Investoren aufzubauen. Ziel muss es daher sein, einen angemessenen und für beide Parteien akzeptablen Ausgleich zu finden.

Im Rahmen der Vertragsverhandlungen sollte außerdem Wert darauf gelegt werden, dass dem Mitarbeiter wenigstens ein Mindestmaß an Informationsrechten eingeräumt wird, um ihm die schlussendliche Prüfung seines Veräußerungsanteils zu ermöglichen.

Beachten Sie: Bei den vertraglichen Bestimmungen über die Ausgestaltung der virtuellen Beteiligung wird es sich regelmäßig um sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handeln. Anders als vertragliche Bestimmungen im Bereich des Gesellschaftsrechts gilt die sogenannte Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB in aller Regel nicht für die virtuelle Beteiligung, was die prinzipielle Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB zur Folge hat. Damit gehen erhöhte Anforderungen an die Wirksamkeit der Vereinbarungen einher. Soweit die vertraglichen Regelungen gegen die in den §§ 305 ff. BGB enthaltenen Grundsätze verstoßen, riskieren die Vertragsparteien die (teilweise) Unwirksamkeit ihrer Vereinbarungen, was typischerweise insbesondere für den Arbeitgeber problematisch sein kann. Um dem Vorwurf einer „unangemessenen Benachteiligung“ vorzubeugen, sollte daher auch aus diesem Grund ein gewisses Mindestschutzniveau zugunsten des virtuell Beteiligten sichergestellt werden.

Steuerliche Fallstricke und steuerliche Behandlung virtueller Beteiligungen

Neben den soeben dargestellten vertraglichen Aspekten verlangt die virtuelle Beteiligung auch im Hinblick auf etwaige steuerliche Folgen nach gesteigerter Aufmerksamkeit. Steuerliche Probleme können sich insbesondere dann ergeben, wenn wegen der konkreten Ausgestaltung der Beteiligung Zweifel an der Feststellung der jeweiligen Einkunftsart aufkommen. Grundsätzlich handelt es bei den Einkünften des virtuell Beteiligten – ungeachtet der Vereinbarung – nach wie vor um solche aus nichtselbstständiger Arbeit, was verschiedene Konsequenzen mit sich bringt (z.B.: Pflicht zur Abführung der Lohnsteuer; Möglichkeit der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Gehaltsaufwendungen). Die Einräumung der virtuellen Beteiligung wird in diesen Fällen als Lohn(-surrogat) anzusehen sein, was u.a. auch den Vorteil mit sich bringt, dass die spätere Zahlung erst mit tatsächlichem Zufluss beim Prämienempfänger zu versteuern ist (sog. Zuflussprinzip).

Je nach vertraglicher Ausgestaltung bzw. nach der tatsächlichen Durchführung der virtuellen Beteiligung kann es vonseiten der Finanzverwaltung allerdings zu einer Umqualifizierung der Einkünfte (vor allem zu solchen aus Gewerbebetrieb oder Kapitalvermögen) kommen. Wegen der hierdurch drohenden immensen Steuerfolgen würde die Umqualifizierung der Einkunftsart aus steuerlicher Perspektive regelmäßig einer „mittleren Katastrophe“ gleichkommen. So wäre beispielsweise die verbilligte oder unentgeltliche Einräumung einer virtuellen Beteiligung als steuerauslösender Vermögenszuwachs anzusehen, sodass (bereits) eine Steuer entsteht, lange bevor es zu einer Unternehmensveräußerung und damit zu einer Prämienzahlung kommt (keine Geltung des Zuflussprinzips, sog. Sollversteuerung). Dem steuerbelasteten Mitarbeiter würden infolgedessen massive Liquiditätsengpässe drohen. Genau diese gilt es durch eine auch steuerlich konzipierte vertragliche Gestaltung entgegenzuwirken.

Beachten Sie: Neben steuerlichen Risiken können sich auch sozialversicherungsrechtliche Probleme ergeben, vor allem dann, wenn infolge der virtuellen Beteiligung die Sozialversicherungsbeiträge – von den Vertragsparteien unbemerkt – ansteigen. Im schlimmsten Fall kann darin ein strafbares Verhalten gesehen werden, u.U. hat der Geschäftsführer bzw. Arbeitgeber zudem zivilrechtlich für die zu wenig gezahlten SV-Beiträge persönlich einzustehen. Auch in dieser Hinsicht lohnt sich daher unbedingt eine vorausschauende Vertragsgestaltung.

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