Für eine Prüfung durch die Sozialversicherungsträger sind insbesondere die folgenden Punkte zu beachten: Rechtliche Grundlage der Prüfung sind § 28p SGB IV und §§ 7 ff. BVV . Dort ist der Ablauf beim Arbeitgeber näher geregelt. Um eine Einheitlichkeit der Prüfverfahren sicherzustellen, wurde von den Prüfbehörden die Gemeinsame Verlautbarung „Prüfungen der Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern” herausgegeben (www.deutsche-rentenversicherung.de).
Die Deutsche Rentenversicherung arbeitet mit Arbeitgeberdateien, in welchen die Arbeitgeber mit ihrer Betriebsnummer verzeichnet sind. Ist ein Arbeitgeber entsprechend dem o. g. Turnus von grundsätzlich vier Jahren ausgewählt worden, wird er vor dem eigentlichen Prüfungstermin vorab informiert.
Die Prüfung erfolgt grundsätzlich nach vorheriger Ankündigung und muss spätestens 14 Tage vor der Prüfung angekündigt werden, wobei mit Zustimmung des Arbeitgebers eine Verkürzung möglich ist (§ 7 BVV ). Im Gegensatz zu Außenprüfungen der Finanzämter wird jedoch keine sog. Prüfungsanordnung erlassen, wie dies z. B. vor einer Lohnsteuer-Außenprüfung vorgesehen ist. Eine Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt, welcher mittels Einspruchs beim Finanzamt angefochten werden kann, wenn er rechtswidrig ist. Die Rentenversicherungsträger versenden demgegenüber vorab nur eine Prüfungsmitteilung. Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann eine Prüfung auch ohne vorherige Prüfungsmitteilung durchgeführt werden.
Unklar ist, inwieweit für bisher nicht entdeckte Sachverhalte Vertrauensschutz durch frühere Prüfungsfeststellungen besteht. Nach einer Ansicht können auch Sachverhalte geprüft werden, die früher bereits in einer Prüfung vorgelegen haben und nicht beanstandet worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 29. 7. 2003 - B 12 AL 1/02 R ). Nach Ansicht des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) dürfen keine Sachverhalte aufgegriffen werden, die zeitlich im Prüfzeitraum der vorangegangenen Prüfung liegen (LSG Bayern, Urteil vom 18. 1. 2011 - L 5 R 752/08).
Die Prüfer haben das Recht auf Einsicht in Entgeltunterlagen und in die gesamten Daten der Finanzbuchhaltung (§ 11 Abs. 2 BVV). Zu den Entgeltunterlagen gehören alle Angaben und Unterlagen, die für die sozialversicherungsrechtliche Prüfung notwendig sind. Es sollten daher alle arbeitsvertraglichen Vereinbarungen (einschließlich derer mit geringfügig Beschäftigten) schriftlich vereinbart werden.
Die besonderen Aufbewahrungspflichten sollten während des laufenden Betriebes beachtet werden. Entgeltunterlagen müssen bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufbewahrt werden (§ 28f SGB IV ). Wenn sich aus anderen Vorschriften längere Fristen ergeben, so gelten diese. Daher sind auch die Regelungen zur Aufbewahrung nach der Abgabenordnung (AO ) und dem Handelsgesetzbuch (HGB ) zu beachten.
Eine rechtzeitige Dokumentation von Entgeltunterlagen wie z.B. zur Aufzeichnung von Stunden, persönlichen Verhältnissen etc. ist notwendig, wie z.B. folgende Beispiele zeigen:
Die Notwendigkeit der Dokumentation ergibt sich oft schon aus dem Umstand, dass eine Prüfung oft erst Jahre nach dem jeweiligen Sachverhalt beginnt und der Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Klärung von Fragen dann ggf. nicht mehr zur Verfügung steht.
Der Arbeitgeber und die von ihm beauftragte Abrechnungsstelle haben das Wahlrecht, ob die Prüfung in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers oder in denen der zu prüfenden Stelle erfolgen soll (§ 7 BVV ). Hierbei ist dem Prüfer ein geeigneter Raum zur Verfügung zu stellen. Auch sind ihm Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, damit er die elektronischen Daten lesen kann (§§ 7 , 10 BVV). Wenn ein Steuerberater die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge für einen Arbeitgeber übernommen hat, wird dieser in der Praxis durch den Rentenversicherungsträger angerufen. Es wird der Prüfungsbeginn besprochen und der Steuerberater teilt mit, für welche Arbeitgeber er mandatiert ist. Diese werden dann „in einem Rutsch” geprüft. Prüfungsort ist dann die Praxis des Steuerberaters (§ 12 BVV ). Oft ist dem Rentenversicherungsträger aber bereits bekannt, welche Arbeitgeber ihre Sozialversicherungsbeiträge durch einen Steuerberater abrechnen lassen. Dann hat die Sozialversicherung die entsprechende Betriebsnummer des Steuerberaters. In den letzten Jahren wird oftmals mit elektronisch übermittelten Daten geprüft, so dass der Prüfer nicht mehr zwingend vor Ort in der Kanzlei des Steuerberaters die Daten sichten muss. Für Steuerberater besteht seit dem 1. 1. 2014 die Möglichkeit, dem Prüfer die Abrechnungsunterlagen in einem bestimmten elektronischen Format per EDV zu übermitteln (§ 28p Abs. 6a SGBV IV, sog. elektronisch gestützte Betriebsprüfung).
Hinweis: Leider unterscheidet sich diese elektronisch gestützte Betriebsprüfung wesentlich von der Lohnsteuer-Außenprüfung der Finanzämter. Denn anders als dort wird keine CD zur Verfügung gestellt. Vielmehr muss der Steuerberater ein bestimmtes elektronisches Format beachten und die Daten im sog. eXTra-Verfahren übermitteln. Oft ist die Prüfung auf Stichproben ausgerichtet. Trotzdem muss mit detaillierteren Prüfungen gerechnet werden, wenn der Prüfer Unregelmäßigkeiten feststellt.
Nach der Prüfung findet eine sog. Schlussbesprechung statt. Hier besteht dann (nochmals) die Gelegenheit zum Meinungsaustausch. Die Prüfungsfeststellungen werden dem Arbeitgeber mitgeteilt.
Nach der Schlussbesprechung wird der Arbeitgeber entweder eine Mitteilung, dass sich keine Änderungen ergeben haben, oder die geänderten Beitragsbescheide erhalten. Der Rentenversicherungsträger setzt hierbei eine Zahlungsfrist. Die Beitragsforderungen sind bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Monats, welcher dem Datum des Bescheides folgt, an die Einzugsstelle (Krankenkasse) zu zahlen. Wenn die individuelle Zuordnung von Entgelten zu bestimmten Arbeitnehmern nicht möglich ist, kann ein sog. Summenbeitragsbescheid ergehen. Dies bedeutet, dass die Gesamtsumme der nachzufordernden Beiträge festgesetzt wird ohne persönliche Zuordnung zu den Arbeitnehmern. Gegen Bescheide besteht die Möglichkeit, Widerspruch innerhalb eines Monats zu erheben.
Hinweis: Schon während der laufenden Prüfung sollte Kontakt zum Prüfer gehalten werden. Bereits dann besteht die Gelegenheit, Unklarheiten „vom Tisch” zu räumen. Besonders dann, wenn möglicherweise ein Strafverfahren droht, sollte möglichst frühzeitig erwogen werden, einen Strafverteidiger zur Beratung hinzuziehen. Hierbei sollten alle Aspekte der Sozialversicherung und auch der Lohnsteuer bedacht werden. Eine Strategie für eine Klärung der Prüfung kann durch ein Team aus Berater und Verteidiger gefunden werden.
Nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte begründen Betriebsprüfungen, die ohne Beanstandungen beendet wurden, ohne dass ein entsprechender feststellender Bescheid erging, keinen Vertrauensschutz bei weiteren (Folge-) Prüfungen (BSG, Urteil v. 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R). Das Bundessozialgericht (BSG) verlangt aus diesem Grund nun jedoch zwecks mehr Rechtssicherheit, dass Betriebsprüfungen künftig auch bei fehlenden Beanstandungen zwingend durch einen Verwaltungsakt beendet werden, der insbesondere den Umfang, die geprüften Personen und das Ergebnis der Betriebsprüfung festhält. Es sollte beachtet werden, dass bzgl. der geprüften Tätigkeitsverhältnissen Rechtssicherheit nur dann besteht, wenn dieser Verwaltungsakt inhaltlich bestimmt genug ist und sich auf diese Verhältnisse bezieht.
Praxishinweis:
Die Rechtsanwälte von LHP besprechen die Aspekte einer Prüfung im EInzelfall und stimmen mit dem geprüften Unternehmen eine sinnvolle Vorgehensweise ab. Hierbei sollte auch eine etwaige Lohnsteuerprüfung mitbetrachtet werden. Eine Abstimmung mit dem Steuerberater ist sinnvoll. Sollte bereits auch ein Strafverfahren eingeleitet worden sein, so muss dieses im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie berücksichtigt werden.
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