Wichtig ist – wie angesprochen - bei der Verjährung von Steuerhinterziehungen zwischen zwei verschiedenen Fristen zu unterscheiden: der Strafverfolgungsverjährung einerseits und der Festsetzungsverjährung - nach deren Ablauf keine Steuerschuld mehr eingefordert werden kann - andererseits.
1. Strafverfolgungsverjährung (§ 78 Abs.1 StGB und § 370 Abs. 1 AO)
Der Tatbestand der Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1-3 Abgabenordnung (AO) ist erfüllt, wenn gegenüber den Finanzbehörden pflichtwidrig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, Tatsachen verschwiegen oder die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlassen werden.
Die Verjährung der Steuerhinterziehung im strafrechtlichen Sinne ist abhängig vom dafür vorgesehenen Höchstmaß der Freiheitsstrafe. Gemäß § 370 Abs. 1 liegt dieses Höchstmaß - sofern es sich um keinen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung handelt - bei 5 Jahren. Entsprechend liegt die Verjährungsfrist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 bei 5 Jahren. Die Frist beginnt erneut, wenn bestimmte strafprozessuale Maßnahmen, wie z.B. eine richterliche Durchsuchungsanordnung, erfolgen.
Strafverfolgungsverjährung in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO)
Seit der Neufassung des § 370 vom 25.12.2008 beträgt die Verjährungsrist für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung 10 Jahre. Eine besondere schwere Steuerhinterziehung liegt zum Beispiel dann vor, wenn die Steuerhinterziehung ein erhebliches Ausmaß erreicht oder ein Amtsträger seine Befugnisse oder Stellung zum Zweck der Steuerhinterziehung missbrauch. Als Richtwert für die Erheblichkeitsgrenze kann bei aktueller Rechtsprechung ein Betrag von 50.000 Euro und bei Nichtfestsetzung ein Betrag von 100.000 Euro angenommen werden.
Fristbeginn der Strafverfolgungsverjährung
Die Frist für die Strafverfolgungsverjährung beginnt mit der Beendigung der Steuerhinterziehung im strafrechtlichen Sinn. Die Steuerhinterziehung gilt bei der Einkommenssteuer als vollendet und beendet, sobald der Einkommenssteuerbescheid vorliegt. Wer also den Steuerbescheid für 2011 am 1. Oktober 2012 erhalten hat, kann nach Ablauf von 5 Jahren ab diesem Zeitpunkt nicht mehr strafrechtlich belangt werden.
2. Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 2 A0 und § 170 Abs 1 AO)
Die Frist der Festsetzungsverjährung bestimmt, wie lange das Finanzamt zur Festsetzung von Steuernachzahlungen durch den Erlass eines Steuerbescheides berechtigt ist. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist dürfen für das betreffende Kalenderjahr keine Steuerbescheide mehr erlassen oder geändert werden.
In § 169 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 A0 unterscheidet der Gesetzgeber zwischen der Steuerhinterziehung mit einer Festsetzungsfrist von 10 Jahren und der leichtfertigen Steuerverkürzung mit einer Festsetzungsfrist von 5 Jahren. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO prinzipiell mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Sofern eine Steuererklärung eingereicht werden muss, verschiebt sich die Frist jedoch gemäß § 170 Abs. 2 AO bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Wer also seine Steuererklärung für 2011 im Jahr 2012 eingereicht hat, kann im Fall der Steuerhinterziehung bis zum 31.12 2022 mit nachträglichen Steuerforderungen konfrontiert werden.
Hinterziehungszinsen gemäß § § 235 AO und 238 AO
Die nachträgliche Forderung nach Zahlung von Hinterziehungszinsen gemäß § 235 Abs. 1 AO wird unabhängig von der Strafverfolgung wirksam und setzt keine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus. Als Bemessungsrundlage gilt die Differenz zwischen der ursprünglich festgesetzten zu niedrigen Steuerschuld und der nachträglich festgesetzten höheren Steuerschuld, also der Steuerbetrag, der hinterzogen wurde. Der Zinslauf setzt zum Zeitpunkt der Erlangung des Steuervorteils ein, also dem Erhalt des zu niedrigen Steuerbescheids. Gemäß § 238 Abs. 1. AO werden 0,5% pro Monat berechnet, also 6% p.a., wobei nicht vollendete Monate außer Acht gelassen werden. Gemäß § 239 Abs. 2 AO werden Hinterziehungszinsen unterhalb einer Bagatellgrenze von 10 Euro nicht berechnet.
Selbstanzeige gemäß § 371 AO sinnvoll?
Voraussetzung der Selbstanzeige gemäß § 371 AO ist eine vorliegende Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 AO. Sinnvoll kann eine Selbstanzeige dann sein, wenn es möglich ist, mit ihr eine strafbefreiende Wirkung zu erreichen. Nach Ablauf der Strafverfolgungsverjährung ist dies nicht mehr der Fall.
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