Hinterzieht ein Unternehmer innerhalb der Lieferkette Umsatzsteuer, kann dies auch für die steuerehrlichen Unternehmer in der Lieferkette zu steuerrechtlichen Sanktionen sowie steuerstrafrechtlichen Implikationen führen. Beispielsweise kann dies zur Konsequenz haben, dass die Finanzverwaltung dem steuerehrlichen Unternehmer – häufig völlig unverhofft – unter Verweis auf § 25f UStG den Vorsteuerabzug versagt. Denn nach § 25f UStG genügt für eine Versagung des Vorsteuerabzugs bereits ein „Wissen müssen“ vom Umsatzsteuerbetrug an irgendeinem Punkt in der Lieferkette.
Der Streitpunkt mit der Finanzverwaltung kreist allzu häufig um die Frage, welche Sorgfaltsanforderungen der Unternehmer erfüllen muss, damit er nicht Gefahr läuft, aus seinen Eingangsrechnungen das Recht zum Vorsteuerabzug nach § 25f UstG zu verlieren. Umsatzsteuerpflichtige Unternehmer sind daher gut beraten, die Anforderungen aus Rechtsprechung und Finanzverwaltung zu beachten, um dem Vorwurf der möglichen Mitwisserschaft bzw. eines „Hätte-wissen-Müssens“ einer Steuerhinterziehung vorzubeugen.
Ziel der Regelung in § 25f UStG ist die Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug, insbesondere in Form der sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäfte. Die Funktionsweise von Umsatzsteuerkarussellgeschäften lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen:
Da die Initiatoren von Karussellgeschäften häufig unter dem Deckmantel von Scheinunternehmen agieren, sind sie für das Finanzamt schwer greifbar und die hinterzogene Umsatzsteuer ist für den Fiskus unwiederbringlich verloren. Zur besseren Eindämmung dieser kriminellen Strukturen erweitert § 25f UStG daher das sanktionsrelevante Verhalten, indem es alle Unternehmen einer Lieferkette durch das Stellen von erhöhten Sorgfaltspflichten in die Verantwortung nimmt. Die Vorschrift ermöglicht es dem Fiskus, sich den Steuerschaden an „anderer Stelle“ zurückzuholen, bzw. diesen auf den Leistungsempfänger abzuwälzen.
Den Vorsteuerabzug versagt das Finanzamt in diesen Fällen unter Heranziehung eben des § 25f UStG mit der Begründung, der Unternehmer (hier der U3) hätte zumindest wissen müssen, dass er Bestandteil eines Umsatzsteuerkarussellbetrugs war. Die Einführung des § 25f UStG hat erhöhte Sorgfaltspflichten für Unternehmer in Deutschland zur Folge. Nur wenn die entsprechenden Sorgfaltspflichten durch den Unternehmer erfüllt werden, läuft er nicht Gefahr, den Vorsteuerabzug nachträglich gemäß § 25f UStG zu verlieren.
Erfüllt der Unternehmer den Tatbestand der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung, sieht § 25f UStG als zwingende Rechtsfolge die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsleistungen und der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen vor. Der betroffene Unternehmer wird somit doppelt bestraft. In dem oben dargestellten Beispielsfall müsste der unbedarfte Unternehmer U3 damit auf seine Lieferung an den U1 die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, obwohl er in gutem Glauben in die Umsatzsteuerbefreiung seiner Lieferung an den U1 nur das Nettoentgelt vereinnahmt hat. Gleichzeitig wird ihm aus der Eingangsrechnung des U2 der Vorsteuerabzug versagt.
Erschwerend kommt hinzu, dass der EuGH in seinem Urteil vom 24.11.2022 (C-596/21, – Finanzamt M) entschieden hat, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs keine Begrenzung im konkret entstandenen Steuerschaden findet. Vielmehr ist der Vorsteuerabzug insgesamt zu versagen.
Insgesamt handelt es sich bei der Vorschrift des § 25f UStG um ein Vehikel der Finanzverwaltung, welchem für jeden in der Lieferkette beteiligten Unternehmer ein kaum zu überschätzendes Risiko – mitunter gar existenzgefährdendes – Risiko anhaftet.
Anknüpfungspunkt der Sanktionierung nach § 25f UStG ist die positive Kenntnis oder die fahrlässige Unkenntnis bzw. das Kennenmüssen der Umsatzsteuerhinterziehung eines anderen Unternehmers auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe innerhalb der Lieferkette.
Einfallstor für die Annahme einer Beteiligung ist oftmals der Vorwurf des Kennenmüssens. Um diesen Vorwurf zu vermeiden, müssen Unternehmen bei Aufnahme und Durchführung ihrer Geschäftsbeziehungen bestimmte Sorgfaltspflichten einhalten.
Als Leitfaden für die Konkretisierung des Sorgfaltsmaßstabs dienen neben der Rechtsprechung des BFH und des EuGH die Verlautbarungen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF).
Das BMF führt in seinem Schreiben vom 15. Juni 2022 beispielhaft Anhaltspunkte für etwaige steuerliche Unregelmäßigkeiten an, die eine eingehendere Überprüfung durch den Unternehmer verlangen. Verdachtsmomente für eine Umsatzsteuerhinterziehung können sich demnach u. a. ergeben aus:
Für die Praxis bieten sich insbesondere die folgenden Schutzmaßnahmen an:
Das Umsatzsteuer-Kompetenzteam von LHP berät Sie gern in allen Fragen der komplexen umsatzsteuerlichen Thematik „Vorsteuerabzug in Lieferketten im Lichte des § 25f UstG“. Das Finanzamt bringt unter Verweis auf § 25f UStG regelmäßig immer wieder dieselben Argumente vor, um dem Unternehmer den Vorsteuerabzug zu versagen. Erfahrungsgemäß lassen sich diese jedoch in den allermeisten Fällen entkräften, so dass dem Unternehmer der Vorsteuerabzug erhalten bleibt.
Wir bieten zusammenfassend insbesondere die folgenden Leistungen an:
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