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BFH-Urteil v. 17.04.2024 (XI R 13/21) – Keine Umsatzsteuer bei Landeszuschüssen für den ÖPNV

1. Umsatzsteuerrechtliche Ausgangslage

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Zuschüssen ist für den Rechtsanwender bzw. den Steuerberater ohne vertiefte Kenntnisse im Umsatzsteuerrecht aufgrund der nur schwer verständlichen Regelungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (Abschn. 10.2 ff. UStAE) und der zahlreichen hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH kaum noch mit hinreichender Rechtssicherheit möglich.

Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung ist zwischen echten Zuschüssen und unechten Zuschüssen zu unterscheiden. Darüber hinaus kann die Zuschusszahlung in den entsprechend gelagerten Fällen auch als zusätzliches Entgelt des Zuschussgebers für eine Leistung des Unternehmers an einen anderen Leistungsempfänger zu beurteilen sein (sog. Entgelt von dritter Seite).

Ein nicht umsatzsteuerbarer echter Zuschuss liegt im Kern dann vor, wenn der Zuschusszahlung kein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Ein umsatzsteuerbarer unechter Zuschuss liegt dagegen dann vor, wenn der Zuschuss als Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber zu beurteilen ist.

Die konkrete Einordnung der jeweiligen Zuschusszahlung ist im Einzelfall hochkomplex. Die Anwendungsregelungen im UStAE sind von zahlreichen Ausnahmen und Rück-Ausnahmen geprägt. Der BFH hat nun mit einer weiteren Entscheidung für mehr Rechtsklarheit im Zusammenhang mit Zuschüssen der öffentlichen Hand gesorgt und bestätigt damit den Trend in der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Qualifizierung von Zuschüssen als echte nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse. Dies ist insgesamt eine erfreuliche Entwicklung.

2. Entscheidung des BFH (Urt. v. 17.04.2024 – XI R 13/21)

Im vorliegenden Streitfall hatte der BFH nun über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung einer Landeszuweisung (echter vs. unechter Zuschuss) an eine Kommune zur Errichtung einer Anlegerbrücke zu entscheiden. Im Urteilsfall hatte die klagende Gemeine für die Errichtung einer Anlegerbrücke unter anderem Landeszuweisungen erhalten. Die Landeszuweisung wurde der Kommune durch Bescheid im Rahmen eines Infrastruktur-Förderprogramms zur Verbesserung des ÖPNV gewährt. Nach Fertigstellung der Brücke vermietete die Kommune die Brücke umsatzsteuerpflichtig an die X-GmbH. Die X-GmbH nutzte die Brücke für die Erbringung ihrer ÖPNV-Fährverkehre sowie weitere touristische Angebote. Die Finanzverwaltung war der Auffassung, es handele sich bei der Landeszuweisung um ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für eine Leistung.

Schon das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern gab der dagegen klagenden Gemeinde Recht (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24.11.2020 – 4 K 32/18). Die Landeszuweisung war nach Auffassung des FG – anders als die ebenfalls gewährte Kreiszuweisung – nicht als Entgelt von dritter Seite für eine Leistung der Gemeinde an den Kreis zu beurteilen. Richtigerweise stellte schon das FG darauf ab, dass die Zahlung vorrangig zur allgemeinen Förderung aus strukturpolitischen Gründen erfolgt sei. Diese Rechtsauffassung hat der BFH mit dem vorliegenden Urteil erfreulicherweise bestätigt.

Darüber hinaus stellte der BFH klar, dass das FG der Kommune richtigerweise den vollständigen Vorsteuerabzug aus den Baukosten für die Errichtung der Anlegerbrücke gewährte. Neben weiteren Aspekten, auf die der BFH zur Begründung des vollständigen Vorsteuerabzugsrechts abstellte, hob der BFH insbesondere hervor, dass die hier gewährten Landeszuweisungen als nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse keine (negative) Auswirkung auf die Vorsteuerabzugsquote entfalten. Der BFH stellte insoweit zu Recht maßgeblich darauf ab, dass die Eingangsleistungen zur Errichtung der Anlegerbrücke in direktem und unmittelbaren Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen (Vermietung der Brücke an die X-GmbH) stehen.

3. Fazit und Folgen für die Praxis

In der Praxis stehen Rechtsanwender – wie eingangs dargelegt – immer wieder vor der „Mammutaufgabe“ der korrekten umsatzsteuerlichen Einordnung von Zuschusssachverhalten. Das nunmehr ergangene BFH-Urteil schafft nun Klarheit für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Landeszuschüssen an den kommunalen ÖPNV. Dies ist sehr zu begrüßen. Darüber hinaus bestätigt die Entscheidung den sich abzeichnenden Trend in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einer vermehrten Einordnung von Zuschüssen der öffentlichen Hand als nicht umsatzsteuerbar.

Auch die Ausführungen zum Vorsteuerabzug überzeugen auf ganzer Linie und zeigen, dass Steuerberater eine Kürzung des Vorsteuerabzug durch das Finanzamt sehr kritisch prüfen sollten. Längst nicht immer ist in Fällen von gezahlten Zuschüssen der Vorsteuerabzug zu kürzen.

Das Umsatzsteuer-Kompetenzteam von LHP bestehend aus Rechtsanwälten, Fachanwälten für Steuerrecht und Steuerberatern berät Sie gern in allen Fragen der komplexen umsatzsteuerlichen Einordnung von Zuschüssen.

Wir bieten zusammenfassend insbesondere die folgenden Leistungen an:

  • Begleitung von Betriebsprüfungen, Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sowie Umsatzsteuer-Nachschauen,
  • Abwehrberatung bzw. Begleitung und Durchführung von umsatzsteuerlichen Einspruchs- und Klageverfahren im Zusammenhang mit der umsatzsteuerrechtlichen Einordnung von Zuschüssen als echte oder unechte Zuschüsse und/oder bei Versagung des Vorsteuerabzugs,
  • „Beratung für Berater“: rund um die komplexe umsatzsteuerrechtliche Materie von Zuschüssen unterstützen wir Steuerberaterkollegen gern punktuell. Mandatsschutz sichern wir gern schriftlich zu,
  • Ganzheitliche Beratung gemeinsam mit unseren LHP-Experten aus dem Bereich Umsatzsteuerstrafrecht
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