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Strenge Anforderungen an die Kassenführung können Steuerberatungsmandate belasten

Der Gesetzgeber hat die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung verschärft (vgl. § 146a Abgabenordnung -AO-). Betroffen sind insbesondere die sog. Bargeldbranchen wie z.B. Lebensmittelhandel, Taxigewerbe, Friseurbetriebe, Bäckererein, Kioskbetriebe und sonstiger Einzelhandel.

Ein besonderes Entdeckungsrisiko ergibt sich auch aus der seit 2018 zulässigen spontanen Kassennachschau durch die Finanzämter. Hierbei ist keine Vorankündigung notwendig. Oft ist eine Kassennachschau das Eintrittstor für eine weitergehende Betriebsprüfung.

Steuerberater und mittlerweile viele Unternehmer wissen: Betriebsprüfungsstellen berechnen bei Kassenmängeln mittlerweile empfindliche Nachkalkulationen.

Eine bisher gerichtlich endgültig geklärte Frage ist, welche Hinweispflichten einen Steuerberater gegenüber seinem Mandanten zur Kassenführung treffen. Die Steuerberaterkammer München hat mit ihrer Stellungnahme vom 13.12.2019 immerhin einen ersten Schritt getan, um hier mehr Klarheit zu schaffen. Selbstverständlich ist es jedoch nicht möglich, durch eine solche Verlautbarung abschließend alle Fragen hierzu rechtssicher zu beantworten. Wichtig ist, dass Berater ein Gespür für die Problematik bekommen und sich dann im Einzelfall im Zweifel mehr absichern.

Zur Verantwortlichkeit des Steuerberaters führt die Steuerberaterkammer aus: „Die ordnungsgemäße Grundaufzeichnung der baren Geschäftsvorfälle ist Aufgabe des Steuerpflichtigen oder seines Erfüllungsgehilfen, die die entsprechenden Einnahmen oder Ausgaben physisch tätigen. Die Verantwortung hierfür kann weder auf einen steuerlichen Berater noch auf dessen Mitarbeiter übertragen werden.“

In diesem Punkt ist der Kammer zuzustimmen, da es sich um eine banale Feststellung handelt. Gesehen werden sollte, dass die Äußerungen der Steuerberaterkammer berufsrechtlich geprägt sind. In der Verlautbarung wird daher nicht ausdrücklich zwischen Berufs- und Auftragsrecht, Steuerverfahrensrecht (Kassenrecht gem. § 146a AO n.F.) und Steuerstraf- und Bußgeldrecht (Sanktionsrecht) differenziert. Eine Steuerberaterkammer kann sich nicht verbindlich zu steuerverfahrens- und sanktionsrechtlichen Fragen äußern. In der Praxis hat die berufsrechtliche Ansicht einer Kammer natürlich erhebliches faktisches Gewicht für die Meinungsbildung bei Finanz- und Strafgerichten. Allerdings führt eine grundsätzliche Zuweisung der Verantwortlichkeit an den Mandanten nicht automatisch zu jeglicher bußgeld- oder strafrechtlichen Freizeichnung des Steuerberaters. Beispiel: Ein Steuerberater übernimmt sehenden Auges über mehrere Jahre unzutreffende Buchführungsdaten in die Erklärungen seines Mandanten (Gastronom). Dann dürfte für den Steuerberater das Risiko bestehen, dass ihm Beihilfe zumindest mit Eventualvorsatz vorgeworfen wird. Auf die Verantwortlichkeit seines Mandanten kann er sich dann steuerstrafrechtlich nicht berufen.

Weiterhin führt die Kammer zur Technik aus: „Die Beratung, welches Kassenmedium genutzt werden soll (offene Ladenkasse, Art der Registrierkasse usw.), bedarf einer gesonderten Beauftragung durch den Steuerpflichtigen. Sie kann nur die grundsätzliche Aufklärung über die Unterschiede der einzelnen Kassenarten und der abgabenrechtlichen Behandlung umfassen. Die Erläuterung technischer Details hinsichtlich der Funktion der Registrierkassen ist keinesfalls Aufgabe des steuerlichen Beraters.“

Auch diese Feststellung ist nachvollziehbar. Allerdings sollte zur Vermeidung von gewollten oder ungewollten Missverständnissen über den Auftragsumfang eine Klarstellung hierzu in den Auftrag aufgenommen werden. Eine Lösung kann auch ein Gesprächsprotokoll oder die Hinzuziehung von Mitarbeitern als Zeugen sein. 

Eine Hinweispflicht sieht die Kammer zutreffend jedenfalls in folgendem offensichtlichen Fall: „Ist der steuerliche Berater mit der Erstellung der Buchführung über die Grundaufzeichnung des Steuerpflichtigen hinaus beauftragt, so sollte er den Steuerpflichtigen auf offensichtliche Ungereimtheiten (z.B. Kassenfehlbeträge) hinweisen. Derartige Hinweise sind regelmäßig nicht möglich, wenn der Auftrag lediglich die Erstellung des Jahresabschlusses aus der vom Steuerpflichtigen gefertigten Buchführung umfasst.“

Auch diese Ausführungen sind überzeugend. Allerdings dürfte die Ansicht, der Steuerberater „solle“ auf offensichtliche Ungereimtheiten hinweisen, zu weich formuliert sein. Ihn dürfte hierzu vielmehr eine Pflicht treffen. Ein Steuerberater darf grundsätzlich auf die Angaben seines Mandanten vertrauen und muss ihm nicht von vornherein mit Misstrauen begegnen (so schon das OLG Karlsruhe, Beschluss v. 19.3.1986 - 3 Ws 147/85, BB 1986 S. 1750). Hat der Steuerberater keine offensichtlichen Hinweise für die Unrichtigkeit der Belege und ist ihm auch nicht vorzuwerfen, dass er naheliegenden Fragen nicht nachgegangen ist, handelt er auch nicht leichtfertig i. S. des § 378 Abs. 1 AO. Hat ein Berater hingegen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben seines Mandanten, darf er nicht auf dessen Auskünfte bzw. von ihm übermittelte Daten vertrauen. Es besteht allerdings keine generelle (grundlose) Pflicht zum Nachfragen beim Mandanten, ob dessen Angaben zutreffend sind.

Die Kammer führt einschränkend aus, dass ohne weitere Anhaltspunkte keine Verprobungspflicht besteht: „Ohne gesonderten Auftrag des Mandanten ist der steuerliche Berater nicht verpflichtet, interne und äußere Betriebsvergleiche (insbesondere Richtsatzvergleiche) durchzuführen und nach Begründungen für eventuelle Abweichungen zu suchen.“

Wenn evidente Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Daten des Mandanten bestehen, besteht die oben genannte Hinweispflicht. Der Steuerberater müsste dann seine Zweifel dem Mandanten mitteilen und dürfte die Angaben nicht ohne Nachfragen ungeprüft übernehmen. Bestehen keine solche evidenten Anhaltspunkte, so liegen Verprobungen durch den Steuerberater erst recht fern. Verprobungen wären eine Vorbereitung auf eine etwaige steuerliche Prüfung und hierbei handelt es sich vom Auftragscharakter her um etwas anderes als eine Anfertigung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Es bietet sich allerdings an, die Neuregelungen der Kassenthematik und die vermehrten Kassenprüfungen für ein Gespräch mit dem Mandanten über einen weitergehenden Auftrag zu nutzen. So kann der Steuerberater als Dienstleistung anbieten, nicht nur die Kassenführung im jeweiligen Betrieb systematisch zu überprüfen, sondern auch Verprobungen vorzunehmen. Hierzu kann z.B. Bedarf bestehen, wenn der Unternehmer selbst über seine Daten im Unklaren ist, weil er von Mitarbeitern betrogen wird. So kommt es öfters vor, dass Kellner in einem Gastronomomiebetrieb „in die eigene Tasche wirtschaften“ und hierzu manche Bestellungen in der Kasse stornieren. 

Praxishinweis: Die Steueranwälte von LHP weisen in Beratungen darauf hin, dass primär der Unternehmer in der Pflicht ist, die Kassenanforderungen zu erfüllen. Denn er ist der Unternehmer. Zu sehen ist, dass er nicht die Details von gesetzlichen Neuregelungen sofort kennen muss und sich daher einer Beratung bedienen darf. Wenn sich die Beratung auch auf die Kassenführung bezieht, trifft den Berater eine besondere Pflicht, seinen Mandanten aufzuklären und Fehler aufzuzeigen. Wichtig ist, dass es auf den Einzelfall und die konkrete Auftragsausgestaltung ankommt. Ist bereits ein Schaden eingetreten, kann im Einzelfall die konkret vorliegende Verantwortungsverteilung besprochen werden. Auch sollten Berater die Verlautbarung der Steuerberaterkammer München nicht so verstehen, dass sie praktisch kaum eine eigene Aufklärungspflicht treffe.

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