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Steuerliche Berichtigungserklärungen gem. § 153 AO

In Unternehmen und bei Privatleuten taucht zuweilen die Frage auf, ob steuerliche Erklärungen gem. § 153 AO berichtigt werden müssen. Die Steueranwälte von LHP hatten u.a. folgenden Sonderfall zu lösen. Die hier gegebenen Hinweise können eine Einzelfallberatung nicht ersetzen. Jeder Fall hat seine Besonderheiten und besondere Interessenlage, so dass die hier gegebenen Erläuterungen nur als eine erste Orientierung dienen können.

1. Der Praxisfall:

Der Steuerberater hatte für seinen Mandanten M die Erklärung zur Einkommensteuer erstellt und eine Dividende einer Aktiengesellschaft (X AG) in Zeile 32 der Anlage KAP eingetragen. Der Höhe nach war diese Eintragung zutreffend. Nach Erhalt des Steuerbescheides stellte der Berater fest, dass die Angabe der Dividende an falscher Stelle erfolgte, da sie nicht in Zeile 32, sondern in Zeile 7 der Anlage KAP einzutragen gewesen wäre. Das Finanzamt(kurz FA) hat den Bescheid erlassen, aber hierbei die Dividende überhaupt nicht angesetzt. Dem FA lag die Steuerbescheinigung der X AG vor. Hieraus ließ sich erkennen, dass M Anteilseigner der X AG war. Hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Steuer hätte es keinen Unterschied gemacht, wenn das FA die im falschen Feld eingetragenen Daten übernommen hätte oder die Dividenden von vorneherein richtig in Zeile 7 eingetragen worden wären.

Die Frage war nun, ob eine Steuerhinterziehung des Mandanten vorlag und/oder ob er seine Steuererklärung berichtigen musste.

2. Hat der Mandant Steuerhinterziehung durch aktives Tun begangen?

Diese lag hier nicht vor. Denn es fehlte jedenfalls der Vorsatz, weil der Mandant keine Steuern verkürzen wollte. Hier unterscheidet sich die für beide Varianten berechnete Steuer der Höhe nach nicht.

3. Steuerhinterziehung durch Unterlassen, wenn die Steuererklärung nicht berichtigt wird?

Eine Strafbarkeit wegen Hinterziehung durch Unterlassen verlangt, dass das Finanzamt (im folgenden kurz FA) pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wird. Diese Pflichtwidrigkeit kann nur bestehen, wenn eine Handlungspflicht missachtet würde. Als eine solche Handlungspflicht ist hier zunächst § 153 Abgabenordnung (AO) zu prüfen. Darüber hinaus wird darauf einzugehen sein, ob Handlungspflichten aus sonstigen Rechtsgründen bestehen. Besteht eine Berichtigungspflicht gem. § 153 Abgabenordnung (AO)? Die Vorschrift des § 153 AO zur Korrektur von Steuererklärungen ist in der Praxis in Unternehmen bzw. bei Privatleuten oft unbekannt oder es herrscht Unsicherheit über ihre Bedeutung. Zunächst hier der Wortlaut dieser Norm: Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, so muss er dies dem FA gem. § 153 AO unverzüglich anzeigen und die erforderliche Richtigstellung vornehmen.

a. Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung?

Das Gesetz verlangt also, dass eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung vorliegen muss, damit eine Berichtigungspflicht besteht. Dies bedeutet hier im konkreten Praxisfall: Die Angabe der Dividende in Zeile 32 ist im Beispielsfall der Höhe nach zutreffend. Stellt man jedoch auf die Einordnung in Zeile 32 (statt Zeile 7) ab, so könnte die unzutreffende Zeile zu einer Unrichtigkeit führen. Die Einordnung in die zutreffende Zeile setzt allerdings eine rechtliche Wertung voraus, so dass es sich nicht nur um eine Tatsachenmitteilung handelt. Mit der Eintragung der Zahl ist die vorherige Überlegung verbunden, in welches Feld diese Zahl einzutragen ist. Es ist umstritten, ob sich die Berichtigungspflicht nur auf reine Tatsachen oder auch auf Rechtsauffassungen bezieht. Nach einer gewichtigen Literaturansicht können Zahlenangaben in Steuererklärungen dem FA nur ordnungsgemäß mitgeteilt werden, wenn diese zuvor durch den Steuerpflichtigen steuerlich eingeordnet worden sind (Stöcker in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 153 AO Rz. 11). Dies setzt also eine rechtliche Wertung voraus. Tatsachen und Rechtsauffassung können daher nicht klar getrennt werden. Auch eine fehlerhafte Subsumtion wird daher von Teilen der Literatur als tatbestandsmäßig angesehen. Zumindest in Bezug auf die Einordnung in einen Erklärungsvordruck kann nach dieser Ansicht bei einer unzutreffenden Zeile von einer Unrichtigkeit auszugehen sein(etwas anders kann evtl. gelten wenn die betreffenden Fragen des Vordrucks unzulässig wären). Daher kann die Entscheidung über die Zuordnung zu einer bestimmten Zeile grundsätzlich von dem Tatbestand der Berichtigungspflicht gem. § 153 AO erfasst werden und zur Unrichtigkeit der Erklärung führen. Hierfür spricht im Beispielfall auch, dass es sich bei der Eintragung durch den Steuerberater hier offensichtlich um ein Versehen und nicht um ausdrückliche Rechtsanwendung handelte. Die Einordnung in eine Zeile kommt daher wohl einer Tatsache nahe (ohne allerdings eine solche zu sein). Die Rechtsprechung hierzu bleibt aber abzuwarten. Es kann noch die Frage gestellt werden, ob eine Gesamtbetrachtung mit der Anlage geboten ist. Wird die Anlage als leitende Information betrachtet, so wäre die Eintragung in die falsche Zeile – die Zuordnungsentscheidung – erkennbar ein Versehen und nicht ernstlich so gewollt. Aufgrund der Formstrenge der vorgegebenen amtlichen Erklärungsvordrucke dürfte jedoch aus Gründen der Vorsicht hier davon auszugehen sein, dass primär auf die Eintragungen im Vordruck abzustellen ist (keine Gesamtbetrachtung). Im Ergebnis dürfte die Steuererklärung daher unrichtig i.S.d. § 153 AO sein.

Hinweis der Steueranwälte von LHP: Ob die Voraussetzungen einer Berichtigungspflicht gem. § 153 AO vorliegen oder nicht, kann vor einer Berichtigung oft nicht abschließend beurteilt werden. Insofern ist auch eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Möchte der Mandant Sicherheit und einen Streit vermeiden, so sollte die Berichtigung im Zweifel eher erfolgen.

b. Steuerverkürzung als mögliche Folge?

Die Norm des § 153 AO verlangt als weitere Voraussetzung eine sog. Kausalität. Dies bedeutet: Die Unrichtigkeit muss zu einer Steuerverkürzung führen können oder zu einer bereits eingetretenen Verkürzung geführt haben. Die Unrichtigkeit muss somit ursächlich für die mögliche Verkürzung sein. Dies bedeutet hier im Praxisfall: Wenn allein die Eintragung in die fehlerhafte Zeile 32 betrachtet wird, konnte es allein durch diese Eintragung nicht dazu kommen, dass die Steuer in unzutreffender Höhe festgesetzt wird. Die Steuerberechnung führt in beiden Varianten zu einer Steuer in gleicher (zutreffender) Höhe. Hinzu kommt noch eine Besonderheit im Beispielfall: Die Spezialität des Falles liegt darin, dass die Steuer durch ein fahrlässiges Mitwirken des FA (Vergessen) nicht in zutreffender Höhe festgesetzt wurde. Somit ist auf beiden Seiten ein Fehler geschehen, wobei der erste Fehler im logischen Sinne ursächlich auch für den zweiten Fehler ist, da dieser zweite ohne den ersten nicht geschehen wäre. Die Frage ist, ob diese Art der Ursächlichkeit des ersten Fehlers genügt, um die Anforderungen an die Kausalität i.S.d. § 153 AO zu begründen? Hierzu hat sich der BFH noch nicht geäußert. Allerdings hat er festgestellt, dass eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen dann ausscheidet, wenn ein Veranlagungsfehler passiert und das FA zuvor – auf welchem Weg auch immer – die erforderlichen Informationen erhalten hat (BFH v. 4.12.2012, Aktenzeichen: VIII R 50/10). Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass ein Fehler des FA grundsätzlich nicht dem Steuerpflichtigen angelastet werden kann, dieser also nicht für die Richtigstellung des Fehlers des FA verantwortlich ist. Eine Einschränkung wird jedoch gemacht: Diese Zurechnung soll jedoch nur für den Fall gelten, dass der Fehler nicht auf einem Verhalten des Steuerpflichtigen beruht.

Hinweis der Steueranwälte von LHP: Die Literatur meint hiermit den Zurechnungszusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Insofern kann möglicherweise auf das Zivilrecht im Bereich des Schadensrechts abgestellt werden. Wenn der Geschädigte eine wesentliche eigene Ursache für den Schaden setzte, kann der Schaden dem Schädiger u.U. nicht zuzurechnen sein. Übertragen auf das Steuerrecht bedeutet dies: Grundsätzlich kann ein Fehler des FA den Zurechnungszusammenhang unterbrechen und damit die Verantwortlichkeit des Steuerpflichtigen beseitigen. Wenn jedoch der Steuerpflichtige Anlass dazu gibt, das FA in die Irre zu führen oder in sonstiger Weise den Fehler des FA provoziert, wird ihn der Fehler des FA nicht entlasten können. Im vorliegenden Fall liegt unter diesem Blickwinkel keine Irreführung des Finanzamtes vor, wenn man die Anlage zur Steuererklärung einbezieht. Dem Fehler der Steuererklärung haftete nicht das zwingende Risiko an, dass das FA den Wert vergessen wird. Zusammenfassend unterbricht daher der Fehler des FA den objektiven Zurechnungszusammenhang, so dass der Fehler des FA nicht auf dem Fehler in der Steuererklärung beruht. Der Fehler der Steuererklärung ist somit nicht ursächlich i.S.d. § 153 AO für eine (mögliche) Steuerverkürzung. Ob ein Gericht dieser Auffassung folgen würde, bleibt abzuwarten und kann nicht sicher beurteilt werden. Im Ergebnis besteht daher im obigen Praxisfall keine Berichtigungspflicht gem. § 153 AO.

Strafbewehrte Berichtigungspflicht aus § 13 StGB?

In der Praxis wird eine strafbewehrte Berichtigungspflicht nach umstrittener Ansicht weiterhin aus § 13 Strafgesetzbuch (StGB) hergeleitet. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass § 13 StGB anwendbar sein soll, wenn eine Berichtigungspflicht aus § 153 AO verneint wird. .Im Steuerrecht können sich sonstige Handlungspflichten richtigerweise nur aus den Steuergesetzen und der Abgabenordnung ergeben. Hinweis der Steueranwälte von LHP: In der neueren Literatur zeigt sich teilweise die Tendenz, Steuerberater u.U. in eine gesetzlich ungeschriebene Garantenstellung zu rücken, so dass ein Berater dann steuerstrafrechtlich verpflichtet sein kann, eine unzutreffende Erklärung seines Mandanten zu berichtigen (vgl. Rätke in Klein, AO, § 153 Rz. 6). Somit könnte in Konstellationen, in denen der Fehler im Steuerbescheid auf dem Handeln des Beraters beruht (z.B. Buchungsfehler), der strafrechtliche Vorwurf eines Unterlassens drohen. Diese Gefahr sollte gesehen werden auch wenn § 153 AO aus o.g. Gründen eine abschließende Regelung ist (letzteres ist aber umstritten).

Die Steueranwälte von LHP raten dazu, den genauen Sachverhalt im Einzelfall zu beleuchten, ob und welche Berichtigungspflichten gem. § 153 AO bestehen. Ein Unterlassen unverzüglicher Berichtigung kann zu einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen führen. Zudem sollt überlegt werden, ob die Berichtigung gleichzeitig selbstanzeigetauglich formuliert wird.

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