Der Kauf von sog. Steuer-CD´s oder Steuersünder-CD´s (insbesondere aus der Schweiz und Liechtenstein) ist mittlerweile kein Einzelfall mehr.
Die heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit über die rechtlichen Grenzen des staatlichen Handelns und auch die moralische Diskussion ist zwischenzeitlich ruhiger geworden. Ungeachtet der Diskussionen haben die Käufe von Steuer-CDs oder Steuersünder-CDs eine Welle von Selbstanzeige ausgelöst und die öffentlichen Kassen entlastet. Die rechtlichen Probleme erreichen zumeist nicht die Gerichte, da die wenigsten Steuersünder/Steuerhinterzieher gewillt sind, in die Öffentlichkeit zu treten und auf dem eigenen Rücken Rechtsgeschickte schreiben zu lassen. Die Fälle werden daher in aller Regel mehr oder weniger einvernehmlich mit den Ermittlungsbehörden gelöst. Die sich in dem Zusammenhang stellenden Fragen sind so vielfältig und vielschichtig, dass der Versuch einer Beantwortung ganze Bücher füllen würde. Erschwert wird die rechtliche Aufarbeitung zudem dadurch, dass die genauen Umstände des Erwerbs der jeweiligen Steuer-CD oder Steuersünder-CD aus der Schweiz oder Liechtenstein nicht in allen Einzelheiten bekannt sind und allenfalls dann bekannt werden, wenn entsprechende Gerichtsverfahren anhängig sind und die Fragen in diesen Verfahren aufgeworfen werden. Zur juristischen Aufarbeitung ist aber die genaue Kenntnis der Umstände des Erwerbs von Bedeutung.
In der juristischen Diskussion wird unter anderem die Frage diskutiert, ob sich die handelnden Beamten durch den Kauf der Daten möglicherweise strafbar gemacht haben. Für betroffene Steuerhinterzieher/Steuersünder interessanter ist aber die Frage der Verwertbarkeit der Daten. Hier geht in der Fachdiskussion auch einiges durcheinander:
Das Bundesverfassungsgericht hat (BVerfG) – anders als vielfach verlautbart –lediglich die Auffassung vertreten, dass die Daten in der Regel zureichende tatsächlichen Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit liefern, dass eine Straftat begangen worden sei. Nicht Gegenstand war die Frage, ob ein einfachrechtliches Verwertungsverbot für das weitere Strafverfahren besteht, sondern ob es ein verfassungsrechtliches Verwertungsverbot gibt, welches auch mittelbare Vorwirkungen entfaltet, so dass keine Durchsuchung oder Beschlagnahme hätte stattfinden dürfen (Besprechung dieser Entscheidung durch unseren Fachanwalt für Steuerrecht Dirk Beyer aus Köln in AO-StB 2011, 3).
Praxishinweis der Steueranwälte aus Köln: Das BVerfG hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob die Daten rechtmäßig erworben wurden. Das war nicht Gegenstand des Beschlusses, und es ist bis heute nicht geklärt. Betroffene sollten sich daher nicht durch einen Hinweis auf eine angebliche Rechtsprechung des BVerfG beeindrucken lassen. Auch die Behauptung mancher politischen Stellen, deutsche Gerichte hätten „hundertfach“ die Steuer-CD-Käufe akzeptiert ist unpräzise: Es handelte sich um schlichte Durchsuchungsbeschlüsse von Amtsgerichten, die – wie Praktiker wissen – i.d.R. in Schnellverfahren erlassen werden.
Zwischen Deutschland und der Schweiz ist insbesondere der Sachverhalt streitig, ob es sich um bloße Ankäufe oder aktive Beschaffungen handelt. Entsprechend hat die Schweiz einen Haftbefehl gegen deutsche Steuerfahnder im Wege eines Rechtshilfeersuchens nach Deutschland übermittelt.
Weiter führte das BVerfG aus: Selbst wenn in dem Kauf der CD eine fehlerhafte Beweiserhebung vorliegen würde, ergäbe sich hieraus nicht zwangsläufig ein Beweisverwertungsverbot. Die diesbezüglich vorzunehmende Abwägung zwischen dem Gewicht des Verfahrensverstoßes und seiner Bedeutung für die rechtlich geschützte Sphäre des Betroffenen einerseits und dem Interesse des Staates an einer funktionstüchtigen Rechtspflege andererseits, ergebe, dass die Informationen strafprozessual verwertbar sind.
Entsprechende Durchsuchungsbeschlüsse und Beschlagnahmebeschlüsse, für die lediglich ein Anfangsverdacht erforderlich sind, sind daher nach Ansicht des BVerfG rechtmäßig. Dies gelte zumindest in den Fällen, in denen kein gezielter erheblicher Rechtsbruch von deutscher Seite veranlasst worden sei.
Die in der Literatur mit beachtlichen Argumenten deutlich hörbaren Gegenauffassungen werden kurzerhand „vom Tisch gewischt“. Die Bundesländer, vor allem das Land Baden-Württemberg und auch Nordrhein-Westfalen werden sicher weitere sog. Daten-CD´s kaufen.
Für eine etwaige Hauptverhandlung ist die Entscheidung des BVerfG zudem präjudiziell und liefert hierfür kaum Erkenntnisse. Zu der Problematik, wie eine Daten-CD in die Hauptverhandlung eingeführt werden kann und welche Verteidigungsmöglichkeiten bestehen, gibt es ebenfalls keine aktuelle Rechtsprechung, weil die meisten Fälle im Interesse beider Seiten unter Abgabe von Geständnissen gegen „Zusage“ von Bewährungsstrafen einvernehmlich gelöst wurden. Solange diese Fragen nicht abschließend geklärt sind, sollten Berater ihre Mandanten auf eine mögliche Unverwertbarkeit hinweisen und davon abhalten, durch eine Einlassung oder die Vorlage von Unterlagen weiteres – dann verwertbares – Beweismaterial zu schaffen. Die jüngsten CDs mit Daten von Schweizer Banken lassen teilweise zumindest Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten und der Tauglichkeit als Beweismittel aufkommen. Darüber hinaus sollte in der Verteidigung bedacht werden, dass Ermittlungsbehörden kein eigenes Interesse daran haben, dass die Umstände des konkreten Daten-CD-Kaufs in Gerichtsverfahren thematisiert werden. Allerdings wissen die Behörden auch, dass die meisten Mandanten dies auch nicht möchten.
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