Das deutsche Gesellschafts- und Steuerrecht schafft mit dem Umwandlungsrecht Möglichkeiten, ein Unternehmen oder eine Gesellschaft strukturell zu verändern. Das Umwandlungsgesetz (UmwG) regelt hierbei die zivilrechtlichen Voraussetzungen der einzelnen Umwandlungsvorgänge. So regelt das UmwG, welche Rechtsform der jeweilige Rechtsträger (z. B. GmbH, AG, GmbH & Co. KG, OHG, Einzelunternehmen etc.) haben muss, und welchen Inhalt die zur Durchführung der Umwandlung notwendigen Dokumente (z. B. Verschmelzungsverträge) haben müssen. In sachlicher Hinsicht regelt das UmwG die zivilrechtliche Umsetzung von Verschmelzungen (downstream, upstream, sidestream), Spaltungen (Abspaltung, Aufspaltung, Ausgliederung), bestimmte Vermögensübertragungen und den Formwechsel (vgl. § 1 Abs. 1 UmwG).
Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) regelt als steuerrechtliches Gegenstück zum Umwandlungsgesetz die verschiedenen steuerlichen Folgen für die beteiligten Rechtsträger der Umwandlungsvorgänge nach dem Umwandlungsgesetz.In den meisten Fällen ist es für die an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger sowie deren Gesellschafter von immenser Bedeutung, dass bei dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, der häufig lediglich einer strukturellen Optimierung der wirtschaftlichen Abläufe im Konzern dient, keine negativen steuerlichen Folgen ausgelöst werden. Die Beteiligten wollen durch die Umstrukturierung nicht durch eine Steuer belastet werden, und der Gesetzgeber hat mit dem UmwStG ein Regelwerk geschaffen, damit dieses Ziel auch erreicht werden kann. Hierbei sind verschiedene Steuerarten im Blick zu behalten und zu würdigen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer und ggf. die Regelungen des Internationalen Steuerrechts bei grenzüberschreitenden Umwandlungen).
Der folgende Beitrag soll die umwandlungssteuerrechtlichen Besonderheiten im Umgang mit Sonderbetriebsvermögen beleuchten. In diesem Zusammenhang kommt es in der Praxis immer wieder zu folgenschweren Fehlern.
Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 UmwStG regelt neben der Einbringung von (Teil-)Betrieben in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft auch die Einbringung eines Mitunternehmeranteils. Da es sich um eine steuerrechtliche Vorschrift handelt, ist der Umfang des einzubringenden Mitunternehmeranteils nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen. Aus steuerrechtlicher Sicht gehört neben dem quotalen Anteil am Gesamthandsvermögen auch das dem Mitunternehmeranteil zuordenbare Sonderbetriebsvermögen (SBV I und II) zum „Mitunternehmeranteil“ im Sinne des § 20 Abs. 1 UmwStG.
Folglich muss für die „Einbringung eines Mitunternehmeranteils“ im Sinne des § 20 UmwStG grundsätzlich auch das Sonderbetriebsvermögen mit eingebracht werden. Allerdings ist auch für die einzelnen Wirtschaftsgüter je nach Funktion eine differenzierende Betrachtungsweise geboten. Denn nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es ausreichend, wenn nur das Sonderbetriebsvermögen mit eingebracht wird, welches zugleich als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu beurteilen ist.
Hinweis für die Praxis:
Dies gilt auch für Wirtschaftsgüter, die zwar bilanziell tatsächlich nicht als Sonderbetriebsvermögen in der Sonderbilanz angesetzt wurden, gleichwohl aber bei zutreffender Behandlung als Sonderbetriebsvermögen hätten bilanziert werden müssen. Hier kommt es in der Praxis immer wieder zu Fehlern.
Bei Einbringungsvorgängen nach § 20 ff. UmwStG ist im Zusammenhang mit Sonderbetriebsvermögen daher äußerste Sorgfalt geboten, um nicht die Voraussetzungen für eine Buchwerteinbringung zu gefährden. Zahlreiche Besonderheiten sind hier zu beachten. So genügt es für die Einbringung eines Mitunternehmeranteils nach § 20 UmwStG nicht, dass der aufnehmenden Kapitalgesellschaft die funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens lediglich zur Nutzung überlassen werden (Umwandlungssteuer-Erlass vom 11.11.2011 – Rz. 20.06).
Diese Gemengelage hat darüber hinaus zur Konsequenz, dass bei einer Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch mehrere Mitunternehmer diese gegebenenfalls Vermögen in unterschiedlichem Umfang (je nach Existenz von dem einzelnen Mitunternehmer zuordenbaren Sonderbetriebsvermögen) in die aufnehmende Kapitalgesellschaft einbringen müssen.
Nach § 24 UmwStG kann bei einer Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft die Buchwertverknüpfung ebenfalls nur dann gelingen, wenn der Einbringende seinen gesamten (steuerlichen) Mitunternehmeranteil in die Personengesellschaft einbringt. Insoweit gelten die Grundsätze des § 20 UmwStG entsprechend. Nach Tz. 24.05 des Umwandlungssteuer-Erlasses v. 11.11.2011 ist es im Zusammenhang mit § 24 UmwStG ausreichend, wenn ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut nicht in das Eigentum der Personengesellschaft übergeht, sondern Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens der Personengesellschaft wird.
Diese Konstellation wird häufig virulent, wenn ein Einzelunternehmer Eigentümer des von ihm betrieblich genutzten Betriebsgrundstückes ist und er das Eigentum an diesem Grundstück im Zuge der Einbringung nicht auf die Personengesellschaft übertragen möchte. Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG genügt es, wenn der jeweilige Mitunternehmer (vormals Einzelunternehmer) das Betriebsgrundstück fortan entgeltlich an die Personengesellschaft vermietet.
Hinweis für die Praxis:
Darüber hinaus kann durch ein solches Vorgehen Grunderwerbsteuer gespart werden. Denn eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer kommt in diesen Fällen des § 24 UmwStG sonst nur im Umfang des § 5 GrEStG in Betracht. Ferner wird die im Sonderbetriebsvermögen zurückbehaltene Immobilie nicht zum zivilrechtlich haftenden Vermögen der GmbH & Co. KG.
Bei dem gesellschaftsrechtlich identitätswahrenden Formwechsel besteht der formgewechselte Rechtsträger fort und dieser wechselt gesellschaftsrechtlich lediglich sein „Rechtskleid“. Nach § 25 UmwStG wird bei einem Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft steuerrechtlich die Einbringung von Betriebsvermögen der Personengesellschaft in die Kapitalgesellschaft fingiert. Über den Verweis in § 25 UmwStG gelten die Grundsätze des § 20 UmwStG entsprechend.
Hinweis für die Praxis:
Im Falle der Ausübung einer Option nach § 1a KStG kommt es daher zu einer doppelten Fiktionswirkung. Die Option nach § 1a KStG gilt als Formwechsel der Personenhandelsgesellschaft in die Rechtsform der GmbH. Nach § 25 UmwStG wiederum gilt der Formwechsel als Einbringung von Betriebsvermögen, so dass bei einer Option nach § 1a KStG auch die Regelungen des § 20 UmwStG zu berücksichtigen sind.
Beabsichtigen die Mitunternehmer einer Personengesellschaft bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen nun die Durchführung eines Formwechsels in eine Kapitalgesellschaft ist besondere Vorsicht geboten. Vermietet ein Mitunternehmer beispielsweise ein in seinem Eigentum stehendes Betriebsgrundstück an die Personengesellschaft (= Sonderbetriebsvermögen) und bringt dieses Grundstück nicht mit in die formgewechselte Kapitalgesellschaft mit ein, kann es unter Umständen zum steuerlichen „Super-Gau“ kommen; in diesem Fall hat er nicht seinen gesamten Mitunternehmeranteil eingebracht, damit wären die Voraussetzungen für einen steuerneutralen Formwechsel nach § 25 i. V. m. § 20 UmwStG nicht gegeben, so dass die stillen Reserven in der formgewechselten Personengesellschaft zu versteuern wären.
In Bezug auf das zurückbehaltene Grundstück kommt es – abgesehen von dem nachstehend beschriebenen Fall der Betriebsaufspaltung – zudem zu einer steuerpflichtigen Entnahme des Grundstücks in das Privatvermögen des Gesellschafters.
Hinweis für die Praxis:
Bei dem vorstehend beschriebenen “Super-Gau“ wären aber immerhin die Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG möglich. Für das Grundstück beginnt dann mit der Entnahme eine neue Zehnjahresfrist im Sinne des § 23 EStG.
Anders liegen die Dinge nur, wenn es sich bei dem vorstehend beschriebenen Szenario um den Mehrheitsgesellschafter einer Personengesellschaft (und der formgewechselten Kapitalgesellschaft) handelt, welcher das Betriebsgrundstück vor und auch nach der Umwandlung an die Gesellschaft vermietet. In diesen Fällen dürften nach Durchführung des Formwechsels die Grundsätze der Betriebsaufspaltung Anwendung finden, so dass es zumindest hinsichtlich des Grundstücks nicht zu einer Entnahmebesteuerung kommt (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG).
Hinweis für die Praxis:
Zwar wird in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Entnahmebesteuerung im Hinblick auf das Grundstück vermieden. Gleichwohl sind aber auch in diesem Fall die Voraussetzungen der §§ 20, 24 UmwStG mangels Einbringung des Grundstücks und darüber hinaus auch die Begünstigungsvoraussetzungen nach §§ 16, 34 EStG nicht erfüllt.
Im Ergebnis lässt sich also festhalten, dass funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen auch bei einem bloßen Formwechsel in die formgewechselte Kapitalgesellschaft mit eingebracht werden muss, um einen Formwechsel zu Buchwerten nach § 20 UmwStG zu erreichen. Hierbei sind jedoch zahlreiche umwandlungssteuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Besonderheiten zu beachten.
Problematisch sind in der Praxis die Fälle, in denen nur ein, oder nur einzelne Gesellschafter von dieser Problematik betroffen sind, also nur sie ihr bisheriges Sonderbetriebsvermögen mit einbringen müssen. In diesen Fällen werden die betroffenen Gesellschafter regelmäßig einen Ausgleich für die Mehreinlage fordern. Als Lösungsansatz ist in solchen Fällen denkbar, dass dem oder den betroffenen Gesellschafter(n) für die Einbringung des Sonderbetriebsvermögens weitere Anteile an der formgewechselten Gesellschaft gewährt werden. Allerdings sind hier die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a) UmwStG zu prüfen und einzuhalten.
Ein alternativer Lösungsansatz besteht darin, dass der das Sonderbetriebsvermögen einbringende Gesellschafter vor dem Formwechsel hohe Entnahmen aus dem Gesamthandsbereich vornimmt, um seinen Gesellschaftsanteil so zu „entwerten“, ohne dass hierdurch ein insgesamt negatives Betriebsvermögen entsteht, welches zur Aufdeckung stiller Reserven beim nachfolgenden Formwechsel führen würde (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG). Auch entsprechend höhere Einlagen des anderen Gesellschafters als „Ausgleich“ kommen als Lösungsansatz in Betracht.
Abschließend kommt auch die Vereinbarung von disquotalen (und ggf. satzungsdurchbrechenden) Gewinnausschüttungen (= Gesellschafter erhält höhere Gewinnausschüttung, als es seiner Beteiligung am Stammkapital entspricht und als ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zusteht) für die Zeit nach dem Formwechsel in Betracht. Die Finanzverwaltung erkennt dabei die disquotale Zuordnung der Gewinnausschüttungen bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen steuerrechtlich ausdrücklich an (BMF, Schr. v. 17.12.2013 – IV C 2 – S 2750-a, BStBl. I 2014, 63; BFH, Urt. v. 28.09.2021 – VIII R 25/19). In einem jüngeren Urteil hat der BFH ausdrücklich entschieden, dass bei inkongruenter Gewinnverwendung einer GmbH im Hinblick auf den Zufluss (§ 11 EStG) von Gewinnausschüttungen zu unterscheiden ist. Sollten Gewinnanteile an den Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet werden und der auf den Mehrheitsgesellschafter entfallende Gewinnanteil in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt werden, ist dies nach Auffassung des BFH auch steuerlich anzuerkennen (BFH, Urt. v. 28.09.2021 – VIII R 25/19 – Zulässigkeit gespaltener Gewinnverwendungen). Nachdem der das Sonderbetriebsvermögen einbringende Gesellschafter so seinen „Ausgleich“ für die Einbringung seines Sonderbetriebsvermögens erhalten hat, kehren die Beteiligten wieder zum ursprünglichen quotalen Verteilungsschlüssel zurück.
Exkurs Grunderwerbsteuer:
Ferner sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Einbringung eines Grundstücks in einer GmbH um einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang handelt, welcher unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit sein kann.
Hier sollte zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer überlegt werden, das Grundstück vorab in ein anderes Betriebsvermögen zu überführen oder zu übertragen. In diesen Fällen sollten beteiligte Steuerberater und Rechtsanwälte jedoch unbedingt die sog. Gesamtplanrechtsprechung des BFH im Blick behalten. In solchen Fällen ist auch die Beantragung einer verbindlichen Auskunft im Vorfeld der Umwandlung in Erwägung zu ziehen.
Die Rechtsanwälte und Steuerberater von LHP sind ausgewiesene Experten bei der komplexen umwandlungssteuerrechtlichen Handhabung von Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Strukturierung und Durchführung komplexer Umwandlungs- und Umstrukturierungsvorgänge. Das LHP-Expertenteam berät Sie gern in allen Facetten komplexer Umwandlungen.
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