Nach Medienberichten sollen Selbstanzeigen "wegen der Steuer-CDs" gesperrt sein. Es sei Tatentdeckung eingetreten (Sperrgrund der Selbstanzeige gem. § 371 AO).
Dies kann meines Erachtens so pauschal nicht richtig sein.
Der NRW-Finanzminister hat diese Medienmeldungen gestern im Deutschlandfunk relativiert. Er plädiert - ohne konkret zu werden - für eine wohlwollende Gesetzesauslegung. Juristisch ist diese Aussage im Ergebnis nicht zu greifen, aber m.E. ein wichtiger politischer Hinweis an die betroffenen Ermittlungsbehörden.
Ist die Selbstanzeige tatsächlich stets für einen Betroffenen gesperrt, der auf einer Steuer-CD als Kontoinhaber genannt wird?
Diese Ansicht wird von manchen Ermittlungsbehörden so vertreten. Im Ergebnis wird diese Ansicht meines Erachtens nicht haltbar sein. Vielmehr kommt es für die Tatentdeckung auf den Einzelfall an. Diese setzt ein
- objektives Element (tatsächliche Entdeckung) und ein
- subjektives Element (der Betroffene musste mit der Entdeckung rechnen) voraus.
Bei günstiger Gesetzesauslegung kann Tatentdeckung m.E. frühestens dann gegeben sein, wenn das Finanzamt bzw. die Ermittlungsbehörde einen Abgleich mit früheren Steuererklärungen macht (z.B. vor Beginn einer Hausdurchsuchung). Aber auch dann muss m.E. das o.g. subjektive Element vorliegen, wobei zur Zeit unklar ist, ob dieses Element eine bedeutsame eigenständige Funktion hat oder nicht. Die Rechtsprechung müsste hierzu klarstellen, welche konkreten Anforderungen an dieses Element zu stellen sind. Genügt hierzu die Kenntnis, dass sich überhaupt Daten von Kunden "seiner" Bank auf einer CD befinden? Reicht eine hinreichend große Anzahl von Betroffenen für eine ausreichende Wahrscheinlichkeit, selbst auf der Steuer-CD zu sein (Prozentquote)? Oder muss der Betroffene (nachweisbar) wissen, dass er selbst verzeichnet ist?
Möglicherweise genügt bereits ein Eintreffen der Steuer-CD bzw. des Datenausdrucks oder einer sonstigen Kontrollmitteilung betreffend die Steuer-CD in dem für den Betroffenen zuständigen Finanzamt. Dieser frühe Zeitpunkt wäre m.E. zwar nicht maßgebend, diese Ansicht könnte aber ggf. von einem Gericht vertreten werden.
Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Tatentdeckung bei Steuer-CDs besteht noch keine Rechtssicherheit, welcher Zeitpunkt letztlich maßgebend ist.
Im Einzelfall sollte sich der potentiell Betroffene beraten lassen. Hierbei können insbesondere etwaige aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen berücksichtigt werden.
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