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Selbstanzeige Muster des Finanzamts

Sollte man als Steuersünder ein Formular, Muster oder einen Vordruck des Finanzamtes für eine Selbstanzeige benutzen?

In der Beratungspraxis werden wir gelegentlich – insbesondere von Kollegen (Steuerberater, Rechtsanwalt) – nach einem Formular, Vordruck oder Muster für eine Selbstanzeige gefragt.

Auf der Internetseite der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung NRW unter der Adresse „www.steuerfahndung.nrw.de“ befand sich bis vor kurzem ein Vordruck. Nach dem Hinweis, dass Steuerhinterziehern nach § 370 AO „drastische Strafen“ drohen, wurden Betroffene mit dem Hinweis „Nutzen Sie deshalb Ihre Selbstanzeige als Chance zur Straffreiheit!“ zur Abgabe einer Selbstanzeige nach § 371 AO aufgefordert.

Zum Vordruck (Muster, Formular) für eine Selbstanzeige der Finanzverwaltung NRW

Sodann kamen weitere Hinweise zur Selbstanzeige. Die Frage: „Wie erstatte ich eine Selbstanzeige?“ wurde wie folgt beantwortet: „Dies ist formlos möglich. Sie können aber auch das vorbereitete Formular benutzen. Zurzeit ist eine Onlineanzeige nicht möglich. Bitte drucken Sie deshalb das Formular aus und senden es ausgefüllt zu.“ Nachstehend wurde dann ein Formular zum Ausdrucken bereitgestellt. Es folgten dann Ausführungen, dass die notwendigen Besteuerungsgrundlagen ggfs. zu schätzen seien, wobei diese Schätzung eher höher ausfallen solle, da bei einer zu niedrigen Schätzung die Gefahr bestehe, dass die Selbstanzeige insgesamt nicht zur Strafbefreiung führe. Zudem wurde erläuternd ausgeführt, dass die strafrechtliche Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung im Regelfall (§ 370 Abs. 1 Abgabenordnung) fünf bzw. in Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 Abgabenordnung 10 Jahre beträgt und ggfs. auch dieser Zeitraum in die Selbstanzeige einbezogen werden solle.  

Die Ausführungen schlossen mit folgendem Hinweis: „Haben Sie noch Fragen? Die Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung geben Ihnen gerne Auskunft. Sie können sich auch an einen Vertreter der steuerberatenden Berufe oder einen Rechtsanwalt wenden.“

Inzwischen findet sich auf der genannten Internetseite folgender Hinweis: „Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) wurden die Voraussetzungen für die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige nach § 371 AO geändert. Die Seite wird derzeit der neuen Rechtslage angepasst.“ Offenbar hat die Verwaltung inzwischen selbst erkannt, dass die – gute gemeinte, aber schlecht gemachte – Bereitstellung des Vordrucks für eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung in vielen Fällen nicht die gewünschte Strafbefreiung herbeigeführt hätte, sondern das Gegenteil – eine Verfolgung wegen Steuerhinterziehung – zum Ergebnis gehabt hätte.

Bereits die von der Verwaltung verwendete Überschrift „Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung“ ist zurückhaltend formuliert unglücklich gewählt, da diese Formulierung in Grenzfällen als Indiz für die Einräumung des subjektiven Tatbestandes einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) gewertet werden könnte, obwohl vielleicht „nur“ eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) vorliegt. Bei letzterer (der sog. bußgeldbefreienden Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO) sind aber die Anforderungen deutlich geringer als bei einer sog. strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO. So gilt insbesondere das gefährliche sog. Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO nicht, womit im Falle einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige nach wie vor sog. Teilselbstanzeigen möglich sind. Ferner unterscheiden sich die Sperrgründe. Eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige ist – z. B. auch noch während einer Betriebsprüfung – solange möglich, bis ein Verfahren eingeleitet wird.

Ein Hinweis, was unter dem sog. Vollständigkeitsgebot zu verstehen ist und dass ein Verstoß hiergegen zur Unwirksamkeit der gesamten (!) Selbstanzeige führt, fehlte gänzlich. Da das Vollständigkeitsgebot erst 2011 einführt wurde und noch zahlreiche Fragen ungeklärt ist, ist diesbezüglich besondere Vorsicht geboten.

Praxishinweise LHP Rechtsanwälte zur Steuerfahndungsstelle

Der Hinweis, man könne sich von der Steuerfahndungsstelle beraten lassen, sollte keinesfalls befolgt werden. Zunächst steht die Steuerfahndung nicht auf der Seite des Betroffenen (nicht „Dein Freund und Helfer“). Für Gesichtspunkte des Verwaltungsservice wie in anderen Verwaltungsbereichen ist hier kein Raum. Die Voraussetzungen einer Selbstanzeige sind zum in vielen Fällen höchst kompliziert und  nur ein Fachanwalt für Steuerrecht oder Steuerberater hat den Blick für die Interessen und die besondere Situation des Mandanten. Hierbei sind stets die aktuellsten Entwicklungen der Rechtsprechung und weitere Aspekte (z.B. etwaige Disziplinarverfahren bei Beamten, Sanktionen der Berufskammern) zu beachten. Die ausschließliche Sichtweise der Behörden sollte hierbei zwar berücksichtigt, aber nicht allein zugrunde gelegt werden. Darüber hinaus handelt es sich um unverbindliche Auskünfte. Und gibt der Betroffene aus Versehen Hinweise auf seine Person, droht die Tatentdeckung und eine Selbstanzeige ist gesperrt.

Ein bloßes Formular verleitet Laien zu der Fehleinschätzung, damit sei alles erledigt: Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn mehrere Steuerarten und/oder Personen betroffenen sind. Bei einer Selbstanzeige eines geerbten Schwarzgeldkontos müssen z.B. nicht Einkommensteuererklärungen gegenüber dem persönlichen Finanzamt, sondern auch die Erbschaftsteuererklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt nacherklärt werden, damit auch insoweit Straffreiheit eintreten kann. Ansonsten droht ein Strafverfahren für die nicht erklärte Steuerart.

Neuregelungen erschweren das Selbstanzeigeverfahren

Ohne Werbung für den eigenen Berufsstand machen zu wollen: Die Neuregelung der Selbstanzeige hat das „Handling“ für die Praxis erheblich erschwert. Zahlreiche neue Aspekte sind bei Abgabe einer Selbstanzeige zu beachten (insbesondere Vollständigkeit, ggf. steuerliche Pflicht zur Selbstbelastung und „Strafzuschlag“). Allerdings ist bei einem professionellen Management auch heute noch eine Selbstanzeige in vielen Fällen möglich (vgl. z.B. die Ausführungen von Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater Ingo Heuel und Fachanwalt für Steuerrecht Dirk Beyer in der Fachzeitschrift StbW 2011, 315). Umso mehr erfordert eine Selbstanzeige nun eine besonders gründliche Beratung und Prüfung.  Diese Notwendigkeit zur besonderen Sorgfalt zeigt angesichts des oftmals bestehenden Zeitdrucks, dass die Selbstanzeigenberatung immer mehr ein Spezialgebiet wird, welches auch aus Haftungsgründen eine besondere Erfahrung empfehlenswert macht. Eine Selbstanzeige ohne Beratung einzureichen wird in der Regel eher Probleme schaffen, als diese zu lösen. Steuerlaien kann daher nur davon abgeraten eine Selbstanzeige mittels eines Formulars, Musters oder eines Vordrucks selbst zu erstatten. Die Finanzverwaltung wäre gut beraten, Betroffenen nicht durch die Bereitstellung eines – in den meisten Fällen untauglichen – Vordrucks zu suggerieren, die Erstattung einer Selbstanzeige sei ohne Spezialkenntnisse leicht und einfach möglich. Man müsse sich nur offenbaren und alles werde gut. Das Gegenteil ist der Fall: wenn die Selbstanzeige nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, sind die Ermittlungsbeamten bzw. Finanzbeamten verpflichtet, die Steuerhinterziehung zu verfolgen, wenn sie sich nicht selbst wegen Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) strafbar machen wollen. Mit einer „großzügigen“ Behandlung einer unwirksamen Selbstanzeige können Sie als Betroffener nicht rechnen. Straffreiheit und Rechtssicherheit schafft nur eine wirksame Selbstanzeige. Steuerberater und Steueranwälte sollten in diesem Zusammenhang bedenken, dass die Erstattung einer unwirksamen Selbstanzeige ggfs. entsprechende Schadensersatzansprüche des Mandanten auslöst.

 

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