Die steuerliche Verjährung ist nach eine solcher Zeitspanne dann meist eingetreten, weil sie im Normalfall 4 bis 10 Jahre beträgt (mit Verlängerungen im Einzelfall). Besondere Bedeutung kann diese Frage haben für die Anfertigung von Selbstanzeigen und besonders bei Dauersachverhalten, die während einer BP festgestellt werden.
Gegen eine zeitlich ausufernde Ansicht sprachen gute Gründe. Im Einzelnen hat hierzu Rechtsanwalt Dirk Beyer in der Zeitschrift NWB 2018 S. 1209 (Heft 17) Stellung genommen. Beyer führte hierzu aus: Gegen die ausufernde Sichtweise, die innerhalb der Finanzverwaltung teilweise vertreten wird, spricht der Wortlaut der Regelung des § 73e Strafgesetzbuch (StGB). Nach dieser Regelung ist die Einziehung ausgeschlossen, soweit der Anspruch (hier: Steueranspruch) erloschen ist. Bei steuerlicher Festsetzungsverjährung ist der Anspruch jedoch erloschen (§ 47 Abgabenordnung [AO]). Daher ist richtigerweise eine Einziehung gem. § 76a Abs. 2, § 76b StGB in diesem Fall ausgeschlossen. Hierfür spricht auch, dass eine Einziehung einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Grundgesetz [GG]) bedeutet und daher nur aufgrund einer klaren Gesetzesgrundlage geschehen darf. Diese fehlt hier angesichts des einschränkenden Gesetzeswortlauts des § 73e StGB. Die Gegenansicht würde zudem eine systematische Einziehung in allen steuerlich verjährten Fällen ermöglichen und damit die Regelungen der steuerlichen Verjährung für einen großen Anwendungsbereich aushebeln. Diese in ihrer Wirkung wesentliche Gesetzesauslegung geht wohl über eine zulässige Auslegung hinaus, da entsprechend der Wesentlichkeits-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber eine solche Entscheidung nur selbst treffen kann.
Diese Diskussion hat sich jedoch größtenteils erledigt. Der Gesetzgeber sprang den Ermittlungsbehörden zur Seite und zementierte die ausufernde Sichtweise durch eine gesetzliche Neuregelung in 2020. Zunächst führte er diese Regelung zum 1.7.2020 in § 375a AO ein. Zum 29.12.2020 verallgemeinerte er diese Regelung für sämtliche Strafverfahren und sieht seitdem eine entsprechende Regelung in § 73e StGB vor. § 375a AO konnte somit wieder aufgehoben werden. Zusätzlich verlängerte er die strafrechtliche Verjährungsfrist für schwere Fälle und dehnte die absolute Verjährungsfrist aus. Hierdurch kann sich eine strafrechtliche Verjährungsdauer von im Einzelfall bis zu 37,5 Jahren ergeben. Diese beträgt im Einzelfall sogar bis zu 42,5 Jahre, wenn die Verjährung nach Eröffnung des Verfahrens beim Landgericht ruht und es sich um eine Hinterziehung in einem besonders schweren Fall handelt (§ neu Fassung des 78b Abs. 4 StGB).
Die Steueranwälte von LHP prüfen im Einzelfall, ob der Mandant von der Neuregelung betroffen ist oder aus Gründen des Vertrauensschutzes die Neuregelung nicht anwendbar ist (Rückwirkungsverbot). Die Neuregelung des § 375a AO gilt für alle Steueransprüche, die am Tag nach der Gesetzesverkündung noch nicht steuerlich verjährt sind (Art. 97 § 34 EGAO). Für die Zeit davor bleibt es mangels gesetzlicher Regelung bei der von unserem Rechtsanwalt Dirk Beyer oben dargelegten Streitfrage.
RA Lars Kelterborn zur Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung.
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