Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine strafrechtliche Schätzung im Einzelfall u.U. auch auf die amtliche Richtsatzsammlung gestützt werden darf (vgl. BGH v. 20.12.2016, Aktenzeichen: 1 StR 505/16). Der Rückgriff auf diese pauschalen Werte ist jedoch nur zulässig, wenn keine Tatsachenbasis für eine Schätzung vorhanden ist. Den Strafrichter trifft hier eine besondere Begründungspflicht, die es ihm schwer macht, sich alleine auf die Richtsatzsammlung zu stützen:
Wenn die Richtsatzsammlung durch den Strafrichter angewandt wird, so muss er den Ansatz des Wertes im Strafverfahren im Einzelfall besonders zu begründen ist (BGH v. 20.12.2016, Aktenzeichen: 1 StR 505/16). Diese Begründungspflicht besteht auch bei Wahl des Mittelwertes. Hier kommt somit wieder die obige Regel zum Tragen, dass der Strafrichter seine eigene Überzeugung bilden und darlegen muss.
Beispiel: Das Finanzamt hat bei dem Restaurantbetrieb des U den Mittelwert der Richtsatzsammlung für das Jahr 2013 angesetzt. Der Strafrichter übernimmt die Schätzung des FA ohne weitere Begründung obwohl U im Strafverfahren betriebliche Umstände geltend macht, die für eine niedrigere Schätzung sprechen. Der BGH beanstandete im Strafverfahren, dass der Richter den Ansatz des Mittelwertes der Rohgewinnaufschlagssätze ohne weitere Begründung vornahm (BGH v. 20.12.2016 – 1 StR 505/16).
Aus dem BGH-Urteil v. 20.12.2016 lässt sich für die Anwendung der Richtsatzsammlung eine zweistufige Begründungspflicht ableiten:
Schätzungen sollten in steuerlichen und strafrechtlichen Verfahren genau unter die Lupe genommen werden. Für beide Verfahren gelten unterschiedliche Verfahrensgrundsätze, so dass die Ergebnisse für beide Verfahren oftmals unterschiedlich sein müssen bzw. können.
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