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Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung an Presseunternehmen

Bundesfinanzhof: Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung sind Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung an Presseunternehmen verfassungsgemäß

Nach dem am 03.08.2016 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.5.2016 ist die Steuerfahndung berechtigt, von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik zu verlangen, wenn der Verdacht einer Steuerhinterziehung vorliegt. Die Steuerfahndung verlangte für einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren die Übermittlung von Namen und Adressen sämtlicher Auftraggeber von Anzeigen der Rubrik „Kontakte“, in denen ausschließlich sexuelle Dienstleistungen beworben wurden. Die Steuerfahndung begründete ihr Auskunftsersuchen u.a. mit einem Vollzugsdefizit bei der Besteuerung im Rotlichtmilieu und einer besonderen Anfälligkeit für Steuerhinterziehung in dieser Branche. Der BFH sieht hierin unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Anzeigenteils für die Tageszeitung und der Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung keinen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Sammelauskunftsersuchen: Hinweise vom Steueranwalt und Steuerstrafverteidiger

Die Entscheidung zeigt die Bedeutung von Sammelauskunftsersuchen für die aktuelle Fahndungspraxis und sog. Vorfeldermittlungen der Steuerfahndung.

Zur Auskunftspflicht anderer Personen

Nach § 93 AO haben auch andere Personen als der Steuerpflichtige der Finanzbehörde die zur Feststellung des für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt allerdings erst dann, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen keinen Erfolg hatte (Subsidiaritätsgrundsatz), und ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde (Steuerfahndung). Diese Auskunftspflicht anderer Personen (z.B. in Form eines Sammelauskunftsersuchens) ist Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und verstößt insbesondere nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Steuerfahndungsstellen ermitteln aktuell geeignete Fälle für Sammelauskunftsersuchen

Sammelauskunftsersuchen sind nach wie vor ein effektives Mittel der Steuerfahndung, vermutete Fälle von Steuerhinterziehung aufzuklären, und alles andere als ein Auslaufmodell. Nicht zufällig spielen zahlreiche Fälle in Niedersachsen, denn die dortigen Steuerfahndungsstellen bündeln im Rahmen einer Task Force „Auskunftsersuchen“ eine breite Informationsbasis mit speziell geschultem Personal, um geeignete Fälle für Sammelauskunftsersuchen zu ermitteln. Dieses Modell dürfte Vorbildcharakter auch für die Steuerverwaltungen anderer Bundesländer haben. Der vorliegende Fall betrifft wieder einmal den Bereich der Chiffre-Anzeigen als klassisches Beispiel dafür, welche Fälle von der Steuerfahndung durch Vorfeldermittlungen auf Steuerhinterziehung überprüft werden.

Zulässige Ermittlungen versus "Steuerfahndung ins Blaue"

Bei Sammelauskunftsersuchen wird die Steuerfahndung unterhalb der Ermittlungsschwelle des Anfangsverdachts nach der Strafprozessordnung tätig. Als Ermittlungsschwelle genügt hier nach ständiger Rechtsprechung ein sog. hinreichender Anlass, d.h., wenn konkrete Verdachtsmomente oder allgemeine Erfahrungen für die objektive Möglichkeit einer Steuerhinterziehung sprechen und die Finanzbehörde (Steuerfahndung) nach pflichtgemäßen Ermessen zu der Prognoseentscheidung gelangt, die Ermittlungsmaßnahme kann zur Aufdeckung steuerrechtlich erheblicher Tatsachen führen. Schwierig ist insbesondere die Grenzziehung zwischen noch zulässigen Ermittlungen der Steuerfahndung einerseits und unzulässigen Ermittlungen „ins Blaue“, „Ausforschungen“ oder „Rasterfahndungen“ (sog. fishing expeditions) andererseits.

Doppelfunktion der Steuerfahndung im Besteuerungs- und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

Die sog. Vorfeldermittlungen der Steuerfahndung zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle sind einem konkreten Besteuerungsverfahren wie auch ggf. Steuerstrafverfahren vorgelagert. Denn wenn unbekannten Steuerfällen nachgegangen wird, geht es nicht selten auch um die Aufdeckung von Steuerstraftaten wie die Steuerhinterziehung. Diese Phase der Ermittlungstätigkeit der Steuerfahndung wird dem Besteuerungsverfahren zugeordnet. Dabei ist es aus der Sicht des Steueranwalts nicht unbedenklich, wenn sich das Tätigwerden der Steuerfahndung unabhängig von ihrer eigentlichen Aufgabe, Steuerstraftaten zu erforschen, darauf bezieht, den gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze sicherzustellen. Hierbei werden die Schwierigkeiten in der Praxis im Umgang mit der gesetzlich vorgesehenen Doppelfunktion der Steuerfahndung im Besteuerungs- und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sehr deutlich. Der Bundesfinanzhof hat aus diesen Gründen jüngst auch zahlreiche Steuerfahndungsermittlungen als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig eingestuft.

Rechtsmäßigkeitskontrolle von Auskunftsersuchen durch Steueranwalt empfohlen

Schützen Sie sich vor einer rechtswidrigen schrankenlosen Inanspruchnahme im Rahmen von (Sammel-) Auskunftsersuchen und verhindern Sie eine flächendeckende Fertigung von Kontrollmitteilungen. Dazu sind eine detaillierte Rechtsmäßigkeitskontrolle von Auskunftsersuchen und eine Überprüfung der Abwägungsentscheidung der Finanzbehörde durch den erfahrenen Steueranwalt und Steuerstrafverteidiger in jeden Einzelfall unerlässlich. 

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