Im Rahmen von Betriebsprüfungen besteht die Möglichkeit von so genannten tatsächlichen Verständigungen, wenn sich nicht mehr aufklären lässt, wie ein bestimmter Sachverhalt früher war. Insbesondere lassen sich so Schätzungen einvernehmlich regeln, wenn diese unvermeidbar sind und der Unternehmer Rechtssicherheit möchte. Die Alternative wäre ein langwieriges Streitverfahren (Einspruch oder Klage beim Finanzgericht). Darüber hinaus gibt es auch Fälle, in denen sich nachträglich herausstellt, dass eine solche tatsächliche Verständigung unter falschen Voraussetzungen geschlossen worden ist. Beispielsweise irrt sich der Unternehmer über die Konsequenzen einer solchen Verständigung und möchte sich später hiervon wieder lösen. Oder er hat überhaupt eine falsche Vorstellung vom Inhalt einer solchen Verständigung gehabt.
In diesen Fällen fragen Mandanten dann, ob sie sich von einer solchen Verständigung lösen können. In den meisten dieser Fälle ist dies jedoch nicht möglich. Dennoch gibt es Ausnahmefälle. Die Steueranwälte von LHP möchten insofern auf ein aktuelles Urteil des BFH hinweisen.
Der Kläger machte einen Auflösungsverlust betreffend eine GmbH für das Jahr 2007 beim Finanzamt geltend. Das Finanzamt akzeptierte dies jedoch nicht. Es kam zum Einspruchs- und später zum Klageverfahren beim Finanzgericht. Aufgrund eines Vorschlages des Finanzgerichts kamen Finanzamt und Kläger überein, dass ein solcher Verlust für das Streitjahr 2005 anzusetzen sei. Es wurde eine entsprechende tatsächliche Verständigung geschlossen. Anschließend stellte der Kläger jedoch fest, dass die Einkommensteuer 2005 bereits verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar war, weil bereits für 2005 die Rücknahme des Einspruchs früher erklärt worden war. Der Kläger meinte nun, dass er aufgrund dieser Fehlvorstellung nicht mehr an die Verständigung gebunden sei und den Verlust nunmehr doch im Jahr 2007 geltend machen könne.
Der BFH gab dem Kläger Recht (Urteil v. 11.4.2017, Az: IX R 24/15). So vertritt der BFH die Ansicht, dass die von dem Finanzamt und dem Kläger gemeinsam vorausgesetzte verfahrensrechtliche Änderungsmöglichkeit der Einkommensteuer 2005 eine so genannte Geschäftsgrundlage der Verständigung war. Da diese Verständigungsgrundlage (Geschäftsgrundlage) jedoch fehlte, ist die Verständigung nach Ansicht des BFH ausnahmsweise unwirksam. Daher entfaltete diese Verständigung keine Bindungswirkung. Der Kläger konnte somit seine Ansicht weiter verfolgen, den Verlust dann doch im Jahr 2007 statt in 2005 geltend zu machen.
Die Steueranwälte von LHP weisen darauf hin, dass in der Regel eine tatsächliche Verständigung bindend ist. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden. Dies ist dann jeweils eine Frage des Einzelfalles. In einem Gespräch lässt sich meist schon klären, ob es Ansatzpunkte gibt, von einer tatsächlichen Verständigung sich wieder zu lösen. Da dies meist jedoch nicht der Fall ist, sollte sich ein Unternehmer vor dem Abschluss einer tatsächlichen Verständigung genau über die Bedeutung des Inhalts einer solchen Verständigung im Klaren sein. Auch sollte bedacht werden, welche Auswirkungen sich ggf. für ein etwaiges Strafverfahren ergeben können.
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