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Gründe für Steuerhinterziehungen: Anmerkungen zur Steuermoral und Steuerehrlichkeit

Hohen Strafen zum Trotz: Steuervergehen – zumindest kleinere Steuerhinterziehungen - werden von der Bevölkerung teilweise nach wie vor als Kavaliersdelikte gesehen. Vielfach steckt ein Konflikt zwischen den eigenen Interessen und denen des Gemeinwohls dahinter. Doch welche Rolle spielen Strafen und Kontrollen für die Stärkung der Steuermoral und die Förderung der Steuerehrlichkeit eigentlich? Welche Gründe gibt es für die große Zahl an Steuerhinterziehungen? 

Steuern als natürlicher Feind des Bürgers
Abgaben im Allgemeinen und Steuern im Speziellen werden von der Bevölkerung als materieller Verlust erlebt. Es wird natürlich anerkannt, dass Steuern prinzipiell dem Gemeinwohl (also allen Bürgern eines Staates) dienen, gleichzeitig jedoch erscheint die individuelle Steuerlast dem Bürger als zu hoch und die Gelder wirken ungerecht verteilt. Dies erklärt, warum sich die eindeutige Mehrheit der Bevölkerung die Gewährung sozialer Wohlfahrtsprogramme wünscht, aber gleichzeitig eine Reduzierung der individuellen Steuerlast fordert.

Wenn man die Rechtfertigungen für Steuerhinterziehungen genauer beleuchtet, fallen schnell drei Ursachen ins Auge:

  • der nachvollziehbare Wunsch der Bürger, möglichst wenig Steuern an den Staat entrichten zu müssen
  • ein für den Laien sehr unübersichtliches und sehr kompliziert aufgebautes deutsches Steuersystem
  • genügend Steueroasen im Ausland, die es so lange geben wird, bis eine europa- oder weltweite Harmonisierung des Steuerrechtes erfolgt ist.

Zwischen den eigenen Abgaben und der Teilhabe an öffentlichen Gütern besteht in der öffentlichen Meinung eine Schieflage, die manche Bürger durch eigene Korrekturversuche wieder ins Gleichgewicht bringen möchten. Entsprechend stoßen kleinere Korrekturmaßnahmen bei vielen Steuerzahlern auf Verständnis und Steuerhinterziehungen werden eher toleriert als andere Vermögensdelikte wie z.B. Betrug und Untreue, bei denen die Hemmschwelle, die Strafbarkeitsgrenze zu überschreiten höher ist.

Immer mehr Steuerpflichtige sehen sich in einer Art sozialem Dilemma: Der Wunsch, möglichst hohe Einnahmen mit möglichst geringen steuerlichen Belastungen zu verzeichnen, steht im Kontrast zu den Interessen der Allgemeinheit, namentlich einem funktionierenden Gemeinwesen, von dem letztlich alle Bürger profitieren.

Wenn der Fähigkeit des Staates, Staatseinnahmen gerecht einzufordern und sparsam zu verwalten, misstraut wird und wenn es um die individuelle Steuermoral nicht gut bestellt ist, nutzen dies manche Steuerpflichtige als Anlass, Gesetzeslücken zu entdecken und machen falsche Angaben, um sich eigene Vorteile zu sichern

Möglichkeiten zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen sind begrenzt
Aus Sicht des Staates sollen häufige und strenge Prüfungen von Steuererklärungen sowie hohe Strafen bei falschen Angaben in der Steuererklärung dazu dienen, die Bürger zur Steuerehrlichkeit zu erziehen. Strafen und Kontrollen können jedoch allenfalls einen schwachen abschreckenden Einfluss ausüben.

Gründe für Steuerhinterziehungen bei Nietzsche
Es liegt in einer Gesellschaft, die den Staat als Gegenspieler seiner Bürger betrachtet, nahe, dass Jahr für Jahr in den Zeitungen ein „Steuerzahlergedenktag“ proklamiert wird, ab dem der Bürger nicht mehr für den Staat, sondern für den eigenen Geldbeutel arbeitet.

Der Staat als natürlicher Feind des Bürgers: dieses Bild lässt sich bereits bei Nietzsche finden. Schon für ihn war der Staat das „kälteste aller kalten Ungeheuer“. Dieser Metapher entsprechend muss der Bürger keine moralischen Bedenken haben, wenn er an das „Ungeheuer“ Staat keine Steuern abführen möchte.

Die Einstellung, dass die Steuerbelastung in Deutschland subjektiv ohnehin als viel zu hoch betrachtet wird, wird täglich durch die Medien gestärkt. Die Journalisten wiederum berufen sich auf die Aussagen verschiedener Wissenschaftler und Wirtschaftsforschungsinstitute, die immer wieder eine durchgreifende Steuersenkung fordern, um das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland anzukurbeln. Es liegt daher auf der Hand, dass einige Bürger diese proklamierte Steuersenkung ganz individuell vollziehen möchten, beispielsweise mithilfe von Schweizer oder Liechtensteiner Banken.

Nüchtern betrachtet liegt das Problem für Steuerhinterziehungen somit in einem gestörten Verhältnis zwischen dem Bürger und dem Staat. Um dieses Verhältnis zu kitten, bleibt nichts anderes, als nach neuen Wegen zu suchen, um den scheinbaren Antagonismus wieder zu einem Gemeinschaftsgefühl werden zu lassen.

Hebung der Steuermoral und der Steuerehrlichkeit
davon ausgehend, dass Steuerehrlichkeit die Handlung und Steuermoral die Haltung darstellt, ist das Prinzip der Abschreckung durch verstärkte Kontrollen und durch hohe Strafen sicherlich ein Mittel zur Reduzierung der Steuerhinterziehung. Die Steuermoral selbst muss freilich auf anderen Wegen gehoben werden und ist eine ebenso wichtige Maßnahme zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und kostet den Staat zudem weniger als die Erhöhung der staatlichen Kontrolldichte. Grundlage hierfür ist ein faires, einfaches und transparentes Steuersystem. Ferner das Vertrauen des Bürgers in ein vernünftiges Wirtschaften des Staates. Wichtig ist zudem das Verhalten der anderen Steuerpflichtigen, also die Gewissheit, dass auch die anderen die vorgeschriebenen Steuern zahlen und der Ehrliche sich nicht am Ende als der Dumme fühlt.

Der Staat ist mithin gut beraten sämtlichen Einflussfaktoren zur Eindämmung von Steuerhinterziehung Rechnung zu tragen

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