Durch das sogenannte „Goldfinger“ - Modell entgingen dem Staat nach Pressemitteilungen zwischen 2009 und 2016 mehr als eine Milliarde Euro Steuereinnahmen. Der Name „Goldfinger“ - in Anlehnung an den gleichnamigen James Bond Film - wurde für dieses Steuersparmodell geläufig, da innerhalb dieses Modells die Teilnehmer eine große Menge an Gold kauften und verkauften. Zwar haben Gerichte das Goldfinger Modell im Grundsatz für mit dem Steuerrecht vereinbar erklärt, dennoch sehen Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung in Zusammenhang mit diesen Steuersparmodellen einen Fall systematischer Steuerhinterziehung im großen Stil.
Das „Goldfinger“-Modell wurde sowohl rein inländisch als auch grenzüberschreitend betrieben. Im Rahmen einer rein inländischen Gestaltung hatte das Modell einen Steuerstundungseffekt. Bei einer auslandsbezogenen Gestaltung kam es typischerweise zu einer endgültigen Reduzierung der Einkommenssteuerbelastung.
Bei beiden Modellen wurden Personengesellschaften durch den Steuerpflichtigen oder dessen (steuerlichen) Berater gegründet, je nach Modell im Inland oder aber im Ausland. Diese gewerblich tätige Personengesellschaft kaufte und verkaufte physisches Gold. Weil der Gewinn dieser Gesellschafter durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden konnte und das Gold richtiger Weise dem Umlaufvermögen zugeordnet werden konnte, führten die Anschaffungskosten zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben (§ 4 Abs.3 Satz 4 Var. 3 EStG). Insoweit entstanden im Inlandsfall entsprechende Verluste aus Gewerbebetrieb und im Auslandsfall entsprechende negative Progressionseinkünfte.
Im Rahmen des ausschließlich im Inland vollzogenen „Goldfinger“-Modells gründete der Steuerpflichtige eine Personengesellschaft im Inland. Diese erwarb Gold und konnte die dafür aufgewendeten Anschaffungskosten als sofort abziehbare Betriebskosten als gewerblichen Verlust geltend machen. Die Gesellschaft ermittelt dabei ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG und war nicht zur Buchführung verpflichtet. Das erworbene Gold ließ sich nämlich nicht als Teil des Anlagevermögens zuordnen und Gold stellt auch kein Wertpapier (Verbriefen eines körperlichen Wirtschaftsguts) oder damit Vergleichbares dar.
Die Gesellschaft war zwar durchaus vermögensverwaltend tätig, aber ihre gewerbliche Tätigkeit (Goldkauf und –verkauf) gab der Gesellschaft ihr Gepräge. Eine gewerblich tätige Personengesellschaft (i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) kann über Umlagevermögen verfügen, was später auch vom BFH bestätigt wurde (BFH Urteil vom 19.1.2017, IV R 10/14).
Es lag dabei auch kein Fall der Steuerumgehung nach § 42 AO (sog. Gestaltungsmissbrauch) vor. Die schlichte Ausübung eines Rechts kann dabei keine solche Umgehung sein. Dem Steuerpflichtigen steht es grundsätzlich frei, gesellschaftliche Rechtsformen zu wählen, soweit er die vom Gesetz festgelegten steuerlichen Rechtsfolgen entsprechend der gewählten Gesellschaftsform achtet. Das ist hier insoweit geschehen.
Die Verluste, hervorgerufen durch den Goldkauf, verringerten die positiven Einkünfte der Gesellschafter. Durch die Gründung einer gewerblich tätigen Personengesellschaft wurde die Anwendung des ansonsten geltenden § 23 Abs. 1 Nr.2, Abs. 3 EStG vermieden. Danach hätten sich die Anschaffungskosten des Goldes erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungspreises steuerlich ausgewirkt. Folglich konnte die Steuerlast durch Anwendung der Gewinnermittlungsvorschrift nach § 4 Abs. 3 EStG gestundet werden, indem durch die Anschaffung von Umlaufvermögen (Kauf von Gold) kurz vor Jahresende ein hoher Verlust erzielt wurde.
Der Steuerpflichtige gründete eine Personengesellschaft im Ausland nach dem Recht des ausländischen Staates. Geschäftszweck dieser war der Kauf, der Verkauf, der Handel oder anderweitige Geschäfte mit Edelmetallen. Die Gesellschaft sollte dazu über eine Geschäftsführung, über Büroräume mit Computer, Internetanschluss, Faxgerät und eigener E-Mail Adresse im Ausland verfügen. Die Gesellschaft ging dann ihrem Geschäftszweck nach, kaufte und veräußerte also Gold. Insoweit lag eine gewerbliche, und keine lediglich vermögensverwaltende Tätigkeit vor.
Gewinne und Verluste aus gewerblicher Tätigkeit der Gesellschaft waren aufgrund des jeweils einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens ausschließlich durch den Staat in dem das Gewerbe ausgeübt wird (Ort der Betriebsstätte) zu besteuern. Den erforderlichen Inlandsbezug stellte dann die Regelung des § 32b EStG her. Danach können aus dem Ausland stammende gewerbliche Gewinne oder Verluste bei der Bemessung der Höhe des Steuersatzes in Deutschland berücksichtigt werden (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Einkünfteermittlung zur Berechnung der Höhe des Progressionsvorbehalts in Deutschland erfolgt nach innerstaatlichem Recht (§ 32b EStG). Bei einer entsprechenden Höhe der ausländischen Verluste kann der auf die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte anzuwendende Steuersatz gegebenenfalls auch bis auf Null sinken.
Die im Rahmen der Progressionsberechnung zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte konnten im Rahmen des Goldfinger Modells mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden, da eine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung nicht bestand. Dabei konnten die Anschaffungskosten des Goldes sofort als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (s.o.). Der Handel mit Edelmetallen wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 Varianten 1 und 3 EStG aufgenommen, der vorsieht, dass die Ausgaben erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Die Anschaffungskosten für das Gold konnten demzufolge in der Steuererklärung als ausländischer Verlust deklariert werden. Die Steuerlast reduzierte sich damit im Jahr des Kaufes, da über den negativen „Progressionsvorbehalt“ der Steuersatz für das Gesamteinkommen bis auf Null gedrückt werden konnte.
Im zweiten Schritt wurde das Gold aus dem Umlaufvermögen verkauft und es wurden in der Regel damit Gewinne erzielt. Diese Einkünfte waren aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland von der Steuer befreit und unterlagen nur dem „Progressionsvorbehalt“. Die ausländischen Gewinne machten sich demnach nur im Rahmen der dadurch steigenden Steuersätze („positiver Progressionsvorbehalt“) bemerkbar. Da die Nutzer des „Goldfinger“-Modells allerdings in nahezu allen Fällen bereits im Spitzensteuersatz waren, sich also bereits in der höchsten Progressionsstufe befanden, wirkte sich der positive Progressionsvorbehalt nicht mehr steuererhöhend aus.
Der Bundesfinanzhof akzeptierte die inlandsbezogene Gestaltung (Az. Des BFH: IV R 10/14), sowie die auslandsbezogene Gestaltung (Az. Des BFH: IV R 50/14) des „Goldfinger“-Modells als mit dem Steuerrecht vereinbare Konzepte (s.o.). In den den Urteilen zu Grund liegenden Sachverhalten hatten die Gesellschaften Büroräume angemietet, die u.a. mit einem Computer, Internetanschluss, einem Faxgerät und einem Telefon ausgestattet waren. Damit lagen zweifelsfrei Betriebstätten im Sinne des jeweiligen DBA (vgl. Art 5 DBA-MA) vor. Auch wurden die Geschäfte allein aus dem Ausland heraus geführt, so dass keine inländischen Betriebstätte gegeben war.
Der Gesetzgeber hat daraufhin reagiert und gesetzliche Regelungen geschaffen, die das „Goldfinger“-Modell heute als rechtswidrig gelten lassen. Für Inlandsfälle wurde dem § 15b EStG ein Absatz 3a hinzugefügt. Danach liegt ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG vor, wenn die Voraussetzungen des neu eingefügten Absatzes vorliegen, also ein Steuerstundungsmodell à la „Goldfinger“ betrieben wird (erstmals anwendbar auf Modelle, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28.11.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Auslandsfälle des „Goldfinger“-Modells wird nun durch die neue Vorschrift des § 32 b Abs. 2 Satz 1 Nr.2 c) EStG begegnet. Dieser verbietet, dass sofortige Betriebsausgaben im Rahmen der Ermittlung des anwendbaren Einkommensteuersatzes Beachtung finden (erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28.2.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Zudem hält der Gesetzgeber den Gerichten eine sinngemäße Anwendung der Regelungen über Steuerstundungsmodelle (§ 15b EStG) auch auf Auslandsfälle offen.
Trotz der durch den BFH für Altfälle abgesegneten „Goldfinger“-Modelle ermittelt aktuell die Staatsanwaltschaft gegen Steuerpflichtige und Berater, die sich dem „Goldfinger“-Modell bedienten bzw. in diese Richtung beraten hatten, wegen Steuerhinterziehung (vgl. Handelsblatt vom 13.02.2018 „Raus aus der Karibik, rein ins Gefängnis“). Voraussetzung dafür ist ein Anfangsverdacht für eine Steuerstraftat (§§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO). Aus Sicht eines erfahrenen Steuerstrafverteidigers ist anzumerken, dass den Ermittlungsbehörden mindestens Beweise und Anhaltspunkte vorliegen müssen, wonach die ausländischen Gesellschaften – im Gegensatz zu den vom BFH entschiedenen Sachverhalten – keinen eingerichteten Gewerbebetrieb (Büro, Telefon, Internet etc.) gehabt haben. Es sich also dabei lediglich um sog. Schein-Gesellschaften handelt. Sollten die Ermittlungen letzteres nicht bestätigen, werden Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung ihren Rückzug antreten müssen, denn die grundsätzliche steuerliche Anerkennung – ob es Staatsanwälten und Steuerfahndern passt oder nicht – des Modells wurde durch den BFH abgesegnet.
Ob Betroffenen strafbares Handeln in Zusammenhang mit dem Gold-Finger Modell vorgeworfen werden kann, das zu einer Hauptverhandlung vor einem Strafrichter bzw. einer (großen/kleinen) Strafkammer am Landgericht führt, wird zunächst maßgeblich davon abhängen, ob Staatsanwaltschaft und Steuerfahndern der Nachweis hinsichtlich Scheingesellschaften gelingt. Vor dem Hintergrund der hier zitierten BFH Rechtsprechung ist dies Voraussetzung für eine Strafbarkeit, da das Modell als solches steuerlich von höchster Stelle „abgesegnet“ wurde. Sollte es im Einzelfall an dem erforderlichen ausländischen „Geschäftsbetrieb“ mit eigenem Büro, Telefon- und Internetanschluss, Gewinnermittlung im Ausland etc. fehlen, müssen Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung auch den Vorsatz für eine Steuerhinterziehung nachweisen können. In diesem Punkt kann es entscheidend auf die seinerzeit eingeschalteten (Steuer-) Berater ankommen.
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