§ 35 EStG ermöglicht für gewerbliche Einkünfte eine Einkommensteuerermäßigung. Der BFH hat erstmals von seiner Seite klargestellt, dass diese Steuerermäßigung bei Beteiligungen an Mitunternehmerschaften betriebsbezogen und nicht gesellschafterbezogen ermittelt wird. Damit ist die Begrenzung des Ermäßigungsbetrags auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer für jeden Betrieb gesondert zu berechnen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20.03.2017 entschieden, dass der Steuerermäßigungsbetrag nach § 35 EStG betriebsbezogen ermittelt werden muss. Danach ist die Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer auch bei Beteiligungen an mehreren Mitunternehmen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht auf Ebene des Gesellschafters, sondern für jeden Gewerbebetrieb gesondert zu ermitteln.
Im aktuellen Fall war der Steuerpflichtige an mehreren Unternehmen mitbeteiligt und erzielte daraus gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an Personengesellschaften. Vor diesem Hintergrund zahlten zwei Gesellschaften Gewerbesteuer, wobei bei einer Gesellschaft die Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG begrenzt wurde.
Bei der Einkommensteuerveranlagung berechnete das Finanzamt die anrechenbare Gewerbesteuer und die damit einhergehende Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG für jede der beiden Gesellschaften gesondert für jeden Betrieb und nicht zusammen für alle Beteiligungen des Mitunternehmers. Der Steuerpflichtige beantragte, die Begrenzung auf Ebene des Gesellschafters vorzunehmen. Das Finanzamt lehnte eine gesellschafterbezogene Berechnung ab. Nach erfolglosem Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein bestätigte der BFH die Auffassung des Finanzamts und wies die Revision als unbegründet zurück.
Grundsätzlich gewährt § 35 EStG seit dem Veranlagungsjahr 2008 für Zwecke der Einkommensteuer die teilweise Anrechnung von Gewerbesteuer. Danach ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer anteilig für darin enthaltende gewerbliche Einkünfte. Bei Einkünften aus gewerblichen Unternehmen bzw. bei Einkünften aus Mitunternehmerschaften ermäßigt sich die Einkommensteuer um das 3,8-Fache des jeweils für den Veranlagungszeitraum festgesetzten bzw. festgestellten Gewerbesteuer-Messbetrags. Diese Anrechnung wird durch den Ermäßigungshöchstbetrag begrenzt.
Berechnungstechnisch führt die begrenzte Anrechnung um das nur 3,8-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags bei einem Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags nur dann zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer, wenn der Gewerbesteuer-Hebesatz nicht höher als 400 % ist. Aufgrund der Begrenzung auf die tatsächlich entrichtete Gewerbesteuer kommt es bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz unter 400 % nicht zu einer Überkompensation.
Hat ein Steuerpflichtiger jedoch in mehreren Gemeinden mit Hebesätzen größer bzw. kleiner 400 % gewerbliche Einkünfte, so ist entscheidend, ob die Deckelung der anrechenbaren Gewerbesteuer pro Betrieb oder zusammengefasst beim Steuerpflichtigen berechnet wird. Erfolgt eine betriebsbezogene Berechnung, wird bei Niedrighebesatzgemeinden die Anrechnung durch die tatsächlich gezahlte Gewebesteuer begrenzt. Bei einer gemeinsamen additiven Berechnung über alle Betriebe oder Mitunternehmeranteile kann hingegen zusätzliches Verrechnungsvolumen generiert werden.
Die zuvor aufgeworfene Frage hatte der BFH bisher noch nicht entschieden. Nach Auffassung des BFH treffen zwar sowohl betriebsbezogene als auch personenbezogene Merkmale zusammen. Für das betriebsbezogene Verständnis der Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags spreche aber insbesondere das Ziel des Gesetzgebers, mit § 35 EStG eine Entlastung der gewerblichen Einkünfte herzustellen und nicht eine Entlastung von Gewerbetreibenden.
Die Gewerbesteuer als Objektsteuer entsteht unabhängig von der Person des Betriebsinhabers und belastet nur den Betrieb als solchen. Wäre die steuerliche Entlastung abhängig von einer Person, also davon, ob eine Person mehrere Betriebe in unterschiedlichen Hebesatzgemeinden betreibt, würde eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung entstehen.
Der BFH hat mit seinem Urteil erstmalig Stellung zur Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags nach § 35 EStG genommen und sich der aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen. Steuerpflichtige mit mehrstöckigen Mitunternehmerschaften sollten beachten, dass im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung anteilige Gewerbesteuermessbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen sind. Sämtliche bei den Gesellschaften festgestellten Messbeträge sind beim Schlussgesellschafter aufzuteilen, soweit diese auf verschiedene Mitunternehmerschaften entfallen.
Der Artikel wurde zuerst veröffentlicht von Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper auf deubner-steuern.de, Copyright 2017 Deubner Verlag GmbH & Co. KG
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