Der Gesetzgeber hält trotz Kritik an der Regelung zur Vermögensabschöpfung fest. Der aktuelle Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften sieht u. a. eine Nachsteuerung bei der strafprozessualen Vermögensabschöpfung vor.
Der Bundesrat hatte erst am 29.6.2020 die (vorangegangene) Neuregelung durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen und dort die brisante Regelung getroffen, dass z. B. eine Vermögensabschöpfung (Steuerbeitreibung) sogar in den Fällen möglich ist, in denen der Steueranspruch festsetzungsverjährt ist. Der jetzige Entwurf zementiert diese Regelung und setzt sich nicht mit der zwischenzeitlichen Kritik an dieser Regelung auseinander. Es wird in den Erläuterungen des Entwurfs lediglich darauf hingewiesen, dass ein Bedürfnis nach „Modernisierung“ und „Nachsteuerung“ bestehe.
In Artikel 11 des Entwurfs ist eine Neuregelung des § 73e Abs. 1 StGB vorgesehen, gemäß der die Verjährung eines Anspruchs einer strafprozessualen Einziehung (Vermögensabschöpfung) nicht entgegensteht. Damit verallgemeinert der Gesetzgeber die Neuregelung des § 375a AO aus dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz und dehnt sie auf jegliche Strafverfahren aus. § 375a AO gilt nur für Steuerstrafverfahren und regelt, dass „das Erlöschen eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis durch Verjährung nach § 47 AO [...] einer Einziehung rechtswidrig erlangter Taterträge nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches nicht entgegen[steht]“. Obwohl sich bereits diese Regelung des § 375a AO Kritik ausgesetzt sieht, weil die Justiz seitdem steuerlich verjährte und damit erloschene (§ 47 AO) Ansprüche über den Umweg des Steuerstrafverfahrens trotz Verjährung eintreiben kann, geht der Gesetzgeber nun sogar über die Regelung dieses Sonderfalls hinaus. Nunmehr soll gem. § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB-E jegliches Erlöschen von Ansprüchen (nicht nur in Steuerstrafverfahren) einer Vermögensabschöpfung nicht entgegenstehen. Gleichzeitig sieht Artikel 15 des Entwurfs die Streichung des dann überflüssigen § 375a AO vor. Für Steuerstrafverfahren ändert sich im Ergebnis durch Artikel 11 und Artikel 15 des Entwurfs nichts. Bei einer etwaigen verfassungsrechtlichen Normprüfung dürfte einem Beschwerdeführer nun aber das Argument genommen sein, dass für Steuerstrafverfahren eine dem Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG widersprechende Ausnahme durch die bisherige Regelung des § 375a AO angeordnet wird. Denn nun sind sämtliche Strafverfahren betroffen. Die rechtsstaatlichen Bedenken aufgrund des Zusammenwirkens der Neuregelung mit der gleichzeitigen Ausweitung der strafrechtlichen Verjährungsfristen bleiben jedoch bestehen. Hierzu hatte unser Rechtsanwalt Dirk Beyer bereits im Gast-Editorial in der Fachzeitschrift NWB seine Bedenken dargelegt (27/2020 S. 1969).
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