Bekanntlich können nicht nur Privatpersonen, sondern auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) Eigentümer einer Wohnung sein. Auch sie trifft dann – ebenso wie jeden anderen Miteigentümer – die Pflicht zur Zahlung von Hausgeld. Der BGH hat nun entschieden, dass für den Fall, dass ein Gesellschafter aus der GbR ausscheidet, den ausgeschiedenen Gesellschafter – wenn keine Vorkehrungen getroffen werden - noch Jahre später die Nachhaftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft treffen kann:
„Scheidet ein Gesellschafter aus einer GbR aus, die einer Wohnungseigentümergemeinschaft angehört, erstreckt sich seine Nachhaftung auch auf solche WEG-Beitragspflichten, die erst nach seinem Ausscheiden aus der GbR beschlossen wurden. Die fünfjährige Ausschlussfrist für die Nachhaftung gem. § 160 Abs. 1 S. 2 HGB wird erst dann in Gang gesetzt, wenn der jeweilige Gläubiger Kenntnis vom Ausscheiden des Gesellschafters aus der GbR hat.“
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte war zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern an einer GbR beteiligt, die seit dem Jahr 1994 an der Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligt war. Im Jahre 2002 schied der Beklagte wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen aus der GbR aus, die gemäß Gesellschaftsvertrag zwischen den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wurde. Die Berichtigung des Grundbuchs bezüglich des geänderten Gesellschafterbestandes der GbR erfolgte erst im Jahr 2017. In den Jahren 2013, 2014 und 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer Hausgeldvorauszahlungen und Jahresabrechnungen für die Jahre 2013 und 2014. Für die sich daraus ergebenden Zahlungsverpflichtungen der GbR wurde auch der Beklagte in Anspruch genommen. Der Beklagte berief sich darauf, schon längst aus der GbR ausgeschieden zu sein.
Die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft hatte Erfolg: Die GbR ist der Wohnungseigentümergemeinschaft aus § 16 Abs. 2 WEG zur Zahlung der eingeklagten Beiträge verpflichtet, und der Beklagte haftet als (ehemaliger) Gesellschafter in entsprechender Anwendung von § 128 HGB für diese Verbindlichkeiten der GbR persönlich. Dass der Beklagte bereits im Jahre 2002 aus der GbR ausgeschieden ist und die WEG-Beschlüsse, aus denen sich die Zahlungspflicht der GbR ergibt, erst über zehn Jahre nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der GbR gefasst wurden, ändert hieran nichts. Denn: Solange das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GbR den Gläubigern nicht bekanntgemacht ist, beginnt die Frist für die eigentlich 5 Jahre andauernde Nachhaftung eines GbR -Gesellschafters nicht zu laufen. Die Nachhaftung kann dann – wie im entschiedenen Fall - weit über den gesetzlich vorgesehenen 5-Jahres-Zeitraum hinausgehen.
Wird eine GbR nach Ausscheiden eines Gesellschafters fortgesetzt, finden gem. § 736 Abs. 2 BGB die für Personenhandelsgesellschaften geltenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung sinngemäß Anwendung. Dies betrifft insbesondere die Regelung in § 160 Abs. 1 HGB, wonach ein ausscheidender Gesellschafter für die (1.) bis zu seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten (sog. „Altverbindlichkeiten“) haftet, wenn diese (2.) vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und (3.) in verjährungsunterbrechender Form gerichtlich geltend gemacht werden.
Im vorliegenden Fall kam es darauf an, ob die streitgegenständlichen Beträge Altverbindlichkeiten i.S.d. § 160 Abs. 1 S. 1 HGB waren. Altverbindlichkeiten i.S.d. § 160 Abs. 1 S. 1 HGB sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung alle Schuldverpflichtungen, deren Rechtsgrundlage bis zum Ausscheiden des Gesellschafters gelegt worden ist, auch wenn die einzelnen Verpflichtungen erst später entstehen und fällig werden. Bei einem gesetzlichen Schuldverhältnis – wie es im vorliegenden Fall gegeben war – kommt es für die Abgrenzung von Alt- und Neuverbindlichkeiten darauf an, ob der das Schuldverhältnis begründende Tatbestand bereits vor dem Ausscheiden des Gesellschafters erfüllt ist.
Die Frage, ob der Beitrag, zu dem die Eigentümer-GbR durch einen nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters gefassten Beschluss herangezogen wird, als Alt- oder Neuverbindlichkeit anzusehen ist, hängt somit davon ab, ob der Rechtsgrund für die Beitragspflicht eines Wohnungseigentümers bereits mit dem Erwerb des Wohnungseigentums gelegt wird oder erst mit dem jeweiligen Beschluss der Wohnungseigentümer zur Beitragserhebung entsteht. Der BGH vertritt die Ansicht, dass die Rechtsgrundlage für die Beitragsverbindlichkeiten des Wohnungseigentümers bereits mit dem Erwerb des Wohnungseigentums gelegt ist. Dieser schuldet ab diesem Zeitpunkt dem Grunde nach anteilig die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums. Darauf, dass die konkret bezifferten Beitragsverpflichtungen erst entstehen und entsprechende Zahlungsansprüche fällig werden können, wenn ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft gefasst wurde, aus dem sich die konkrete Beitragspflicht ergibt, kommt es für die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters nach Ansicht des BGH nicht an. Im Ergebnis erstreckt sich die Nachhaftung eines Gesellschafters einer GbR, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens Wohnungseigentümerin ist, damit auch auf Beitragspflichten, die auf Beschlüssen der Wohnungseigentümer beruhen, die erst nach seinem Ausscheiden aus der GbR gefasst werden.
Einzige Begrenzung dieser Nachhaftung liegt in der fünfjährigen Ausschlussfrist gem. § 160 Abs. 1 HGB. Diese kam im vorliegenden Fall jedoch nicht zum Tragen, da der beklagte Gesellschafter nicht darlegen und beweisen konnte, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft Kenntnis von seinem Ausscheiden aus der GbR hatte. Denn während § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB für den Fristbeginn bei der oHG auf die Eintragung im Handelsregister abstellt, kommt es bei der GbR – für die es kein dem Handelsregister vergleichbares öffentliches Register gibt - auf die positive Kenntnis der Gläubiger vom Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters an.
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