Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass eine Steuererklärung auch bei einem unzuständigen Finanzamt fristwahrend eingereicht werden kann. In den Streitfällen wurden Steuererklärungen für eine Antragsveranlagung am letzten Tag der Frist eingeworfen. Nach Ansicht der Richter kommt es auf eine fehlende örtliche Zuständigkeit des Finanzamts gegenüber nicht steuerlich beratenen Bürgern nicht an.
Mit zwei Urteilen vom 23.05.2017 hat das Finanzgericht Köln (FG) entschieden, dass auch das Einwerfen einer Einkommensteuererklärung am 31.12. gegen 20:00 Uhr beim örtlich unzuständigen Finanzamt zur Fristwahrung einer Antragsveranlagung ausreichend ist.
In den beiden ähnlich gelagerten Fällen warfen die jeweiligen Steuerpflichtigen zur Wahrung der Veranlagungsfrist ihre Einkommensteuererklärungen am Silvesterabend in den Nachtbriefkasten beim örtlich unzuständigen Finanzamt. Durch den Einwurf der Einkommensteuererklärung stellten die Steuerpflichtigen den Antrag auf Veranlagung. Beide erzielten nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen unterhalb des Freibetrags und waren somit nicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben.
Das jeweils zuständige Finanzamt lehnte die Veranlagung ab, da der Antrag, also die Abgabe der Einkommensteuererklärung, nicht fristgerecht beim örtlich zuständigen Veranlagungsfinanzamt gestellt wurde. Nach erfolglosen Einspruchsverfahren hob das FG die Entscheidung der Finanzämter auf und gab den beiden Klagen statt. Das jeweilige Finanzamt sei verpflichtet, die Veranlagung durchzuführen, da die Abgabe der Einkommensteuererklärung innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgte.
Grundsätzlich müssen Steuerpflichtige, die nach den einkommensteuerlichen Vorschriften nicht verpflichtet sind, Einkommensteuererklärungen abzugeben, diese innerhalb von vier Jahren einreichen, damit sie noch veranlagt werden. Das heißt, in den Urteilsfällen war die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 spätestens am 31.12.2013 einzureichen.
Zwar muss ein Antrag zur Fristwahrung regelmäßig bei der zuständigen Behörde eingehen. Dies gilt jedoch nach Ansicht des FG nicht für einen nicht steuerlich beratenen Bürger, der meint, auch bei einem anderen Finanzamt derselben Stadt werde die Antragsfrist gewahrt. Damit folgt das FG der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Lohnsteuer-Jahresausgleich.
Dabei bezieht es sich vor allem auf den Wortlaut des Gesetzes und das Auftreten der Finanzverwaltung NRW. Zum einen spricht das Gesetz nicht davon, dass der Antrag bei der örtlich zuständigen Finanzbehörde einzureichen ist. Zum anderen treten die Finanzämter unter der Bezeichnung „Finanzverwaltung des Landes NRW“ so auf, dass einem Bürger nach Auffassung des FG nicht vorgeworfen werden kann, die Steuererklärung beim falschen Finanzamt abgegeben zu haben.
Darüber hinaus stellt das FG klar, dass zur Fristwahrung auch der Einwurf außerhalb der Öffnungszeiten des Finanzamts ausreichend ist, da ansonsten an Silvester nie fristwahrend ein Antrag gestellt werden könne. Ausreichend ist also, wenn der Veranlagungsantrag am Tag des Ablaufs der Festsetzungsfrist bis 24:00 Uhr beim Finanzamt eingeht.
Das FG hat mit diesem Urteil zu einer alltäglichen Frage Stellung genommen, die eine Vielzahl an Steuerpflichtigen betrifft: Bis wann muss die Steuererklärung eingereicht werden und vor allem wo? Zur Klärung der Frage, wo Steuerpflichtige ihre Einkommensteuererklärung zur Fristwahrung abgeben müssen, ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung in beiden Verfahren die Revision zum BFH zugelassen – und von den Finanzämtern eingelegt worden (Az. VI R 37/17 und VI R 38/17).
Belastete Steuerpflichtige sollten unter Hinweis auf diese Verfahren insoweit das Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 AO beantragen und die Urteile des BFH abwarten. Im Übrigen hat der BFH in einem anderen Streitfall bereits geurteilt, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags verstreicht, wenn ihr Ende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.
FG Köln, Urt. v. 23.05.2017 - 1 K 1638/14
FG Köln, Urt. v. 23.05.2017 - 1 K 1637/14
Der Artikel wurde zuerst veröffentlicht von Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper auf deubner-steuern.de, Copyright 2017 Deubner Verlag GmbH & Co. KG
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