Das FG Köln hatte über eine Steuerberaterhaftung für Umsatzsteuer des Mandanten zu entscheiden (Urteil des FG Köln vom 10.4.2019, Aktenzeichen: 9 K 167/15).
Nach Ansicht des FG Köln sei die Haftungsinanspruchnahme gem. § 71 AO berechtigt, weil eine Beihilfe des S zur Umsatzsteuerhinterziehung durch das rechtskräftige Strafurteil gegen den Steuerberater festgestellt sei. Zudem habe R im Strafverfahren gestanden, Steuererklärungen für den Mandanten nicht abgegeben zu haben. An dieses Geständnis sei S auch im finanzgerichtlichen Verfahre aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung gebunden.
Aufgrund der niedrigen Anforderungen an eine Beihilfehandlung und den Eventualvorsatz können auch Steuerberater dem Vorwurf einer Beihilfetat ausgesetzt sein. Die Folge ist dann oft auch die Haftungsinanspruchnahme für die Steuer des zahlungsunfähigen Mandanten gem. § 71 AO. Das FG Köln hat die steuerliche Haftung eines Steuerberaters S wegen Beihilfe durch Unterlassen einer Erklärungsabgabe bestätigt.
Hinweis von LHP aus Köln: Das Urteil ist dogmatisch nicht haltbar. Ein Unterlassen kann nur strafbar sein, wenn den Steuerberater eine strafrechtliche Garantenpflicht trifft. Diese grundlegende Voraussetzung einer Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen ist durch das FG Köln nicht nachvollziehbar begründet worden. Auch im Ergebnis ist das Urteil nicht haltbar. Unser Rechtsanwalt Dirk Beyer gibt in der Fachzeitschrift NWB demnächst Hinweise zu diesem Urteil, das alle Steuerberater interessieren dürfte.
Nach zutreffender Ansicht traf den Steuerberater S im konkreten Fall eines schlichten Unterlassens keine strafrechtliche Garantenpflicht. Für Steuerberater gibt es keine ausdrücklich geregelte strafrechtlich relevante Pflicht, Steuererklärungen für einen Mandanten abzugeben. Diese Pflicht kann sich aber z.B. dann ergeben, wenn der Berater als Vertreter (§ 34 AO) oder Verfügungsberechtigter (§ 35 AO) tätig ist und die Korrekturpflicht gem. § 153 AO eingreift. Nach einer gewichtigen Ansicht kann auch eine gesetzlich ungeschriebene Garantenpflicht z.B. dann bestehen, wenn der Steuerberater zuvor durch sein Verhalten den Steueranspruch gefährdet hat. Diese Voraussetzung lag hier jedoch bei einem schlichten Unterlassen des S nicht vor. Zudem ist ein Steuerberater nicht Sachwalter des Finanzamtes. Das FG Köln verkennt außerdem, dass es als Finanzgericht zwar den im Strafverfahren festgestellten Sachverhalt übernehmen durfte, aber trotzdem hätte prüfen müssen, ob sich aus diesem Sachverhalt die rechtlichen Voraussetzungen einer Garantenpflicht ergeben.
Aus der Praxis wissen unsere Steueranwälte, dass in Steuerstrafverfahren eine vorausschauende Prozessführung geboten ist. In der Steuerstrafverteidigung sollte das steuerliche Verfahren auch wegen dortiger strafrechtlicher Vorfragen im Blick behalten. Geständige Aussagen im Strafprozess (selbst wenn sie unter dem Eindruck der Untersuchungshaft erfolgten) bergen nach der Rechtsprechung des FG Köln das Risiko, hieran im finanzgerichtlichen Verfahren gebunden zu sein. Im finanzgerichtlichen Verfahren sollte der Kläger alle Möglichkeiten ausschöpfen, substantiierte Einwendungen gegen ein Strafurteil vorzubringen, damit das Finanzgericht nicht schlicht die Feststellungen aus dem Strafurteil übernimmt.
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