Entwurf BMF-Schreiben vom 13.06.2024
Zum 01.01.2025 wird die Verwendung einer elektronischen Rechnung (E-Rechnung) für Umsätze zwischen inländischen Unternehmen grundsätzlich verpflichtend. Diese Regelung ist Teil des sog. Wachstumschancengesetzes (BGBl. I 2024, Nr. 108), welches am 22.03.2024 vom Bundesrat verabschiedet und am 27.03.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 13.06.2024 zu den Einzelheiten der Neuregelung den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht. Vor dem Hintergrund des für die Unternehmen zu erwartenden großen Umsetzungsaufwands sind Übergangsregelungen für die Rechnungsaussteller bis zum 01.01.2027 geplant.
1. Begriffsdefinition E- Rechnung
Der Begriff der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) wird ab dem 01.01.2025 durch § 14 Abs. 1 UStG neu definiert. Eine E-Rechnung liegt nach der zukünftigen Fassung dieser Vorschrift nur dann vor, „wenn die Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Absatz 1 Satz 3 UStG)“.
Neben der E-Rechnung wird es künftig nur noch die sog. sonstigen Rechnungen geben. Hierunter versteht man „alle Rechnungen in Papierform oder in elektronischen Formaten, die nicht den Vorgaben von § 14 Absatz 1 Satz 6 UStG entsprechen (anderes elektronisches Format). Dazu zählen auch alle nicht strukturierten elektronischen Dateien, zum Beispiel als JPEG- oder bloße PDF-Datei“.
2. Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung
Eine Verpflichtung zum Ausstellen einer E-Rechnung besteht bei steuerbaren Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (B2B-Umsätze). Maßgeblich ist hierfür, dass der Unternehmer im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat, die an dem Umsatz beteiligt ist oder - in Ermanglung eines Sitzes - seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesen Gebieten hat. Es besteht insoweit eine Prüfpflicht für den Rechnungsersteller.
Sofern mindestens einer der beteiligten Unternehmer diese Voraussetzung nicht erfüllt, besteht keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung. Die Rechnung kann in diesen Fällen auf Papier oder mit Zustimmung des Empfängers als E-Rechnung oder als sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden. Für die Umsätze zwischen Unternehmern und Endverbrauchern (B2C-Umsätze) gilt die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung ebenfalls nicht.
Die Regelungen zur verpflichtenden Verwendung von E-Rechnungen gelten genauso
für die Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG),
für Rechnungen über Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG),
für Rechnungen, die von Kleinunternehmern (§ 19 UStG) ausgestellt werden,
für Rechnungen über Umsätze, die der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterliegen (§ 24 UStG),
für Rechnungen über Reiseleistungen (§ 25 UStG) und
für Rechnungen über Umsätze, für welche die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) angewendet wird
Sie gelten auch, wenn der Rechnungsempfänger ein Unternehmer ist, der Kleinunternehmer bzw. Land- und Forstwirt ist oder ausschließlich steuerfreie Umsätze (z. B. Vermieter einer Wohnung) ausführt.
3. Ausnahmen
Die Verpflichtung zur Erstellung einer E-Rechnung besteht nicht bei Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nr. 8 - 29 UStG steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 Euro (§ 33 UStDV) und Fahrausweise (§ 34 UStDV).
4. Möglichkeit der Ausstellung einer sonstigen Rechnung
Die Möglichkeit der Ausstellung einer sonstigen Rechnung besteht für den Rechnungsteller in folgenden Fällen:
für einen Umsatz an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, oder
über steuerpflichtige Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als einen Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich.
Die Ausstellung einer Papierrechnung ist in diesen Fällen umsatzsteuerlich immer zulässig. Für die Ausstellung einer E-Rechnung oder einer sonstigen Rechnung in einem anderen elektronischen Format ist die Zustimmung des Empfängers erforderlich. Hierfür ist keine besondere Form erforderlich; die Zustimmung kann auch konkludent erfolgen. Sofern ein Umsatz sowohl den unternehmerischen als auch den nichtunternehmerischen Bereich einer juristischen Person betrifft, besteht die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung.
5. Zulässige Formate einer E-Rechnung
Eine E-Rechnung kann sowohl in einem rein strukturierten als auch in einem hybriden Format erstellt werden. Erforderlich ist insbesondere bei einem elektronischen Rechnungsformat, dass die Rechnungspflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG elektronisch übermittelt und ausgelesen werden können. Die Nutzung von strukturierten Rechnungsformaten, die auf der Norm EN 16931 beruhen, ist dabei stets zulässig,. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch andere Rechnungsformate, wie z. B. EDI-Verfahren zulässig. Zu den grundsätzlich zulässigen nationalen Formaten gehören insbesondere Rechnungen nach dem XStandard und nach dem ZUGFeRD-Format ab Version 2.0.1. Auch bestimmte internationale Formate sind zulässig.
6. Hybride Formate – andere Formate
Hybride Rechnungsformate erfüllen, wie bereits angeführt, ebenfalls die Voraussetzungen einer E-Rechnung. Ein solches Format beinhaltet neben dem strukturierten Datenteil (z. B. XML-Datei) auch einen menschenlesbaren Datenteil (z. B. PDF-Dokument). Beide Datenteile sind in einer Datei zusammengefasst. Hierzu zählt z.B. das ZUGFeRD-Format, allerdings erst ab der Version 2.0.1.
Rechnungsdaten, die in einem strukturierten elektronischen Format (z. B. XML-Datei) übermittelt werden, sind allerdings grundsätzlich erst nach einer Konvertierung menschenlesbar. Das Merkmal der „Lesbarkeit“ erfordert nach nun neuer Verwaltungsauffassung lediglich, dass die Datei maschinenlesbar sein muss. Die im XML-Format vorhandenen Rechnungsdaten stellen bei einem hybriden Rechnungsformat den führenden Teil dar. Sofern es Abweichungen zwischen strukturierten Rechnungsdaten und den sonstigen Informationen geben sollte, haben erstere den Vorrang.
Zu anderen Formaten einer Rechnung führt der Entwurf des o.g. BMF-Schreibens vom 13.06.2024 aus, dass es auch möglich ist, das strukturierte elektronische Format einer E-Rechnung zwischen Rechnungsempfänger und Rechnungsausteller zu vereinbaren und damit von den Vorgaben der Norm EN 16931 abzuweichen. Erforderlich ist jedoch, dass das Format die richtige und vollständige Extraktion der nach dem UStG erforderlichen Angaben aus der E-Rechnung in ein Format ermöglicht, das der Norm EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Interoperabel bedeutet hier, dass eine Umwandlung der umsatzsteuerrechtlich geforderten Informationen aus der Ursprungsdatei in das Zielformat ohne Informationsverlust möglich ist.
7. Besondere Fragen
a) Umfang einer E-Rechnung
Eine E-Rechnung muss elektronisch verarbeitet werden können, also alle umsatzsteuerlichen Pflichtangaben nach §§ 14, 14a UStG einer ordnungsgemäßen Rechnung in ihrem strukturierten Teil beinhalten. Im strukturierten Teil muss auch eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung enthalten sein, wobei sich jedoch ergänzende Angaben auch in einem in die E-Rechnung integrierten Anhang befinden können.
b) Übermittlung und Empfang von E-Rechnungen
Für die Übermittlung einer E-Rechnung ist es erforderlich, dass diese in elektronischer Form vorgenommen wird. Als Übertragungswege stehen der Versand per E-Mail, die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-)Portal oder die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle zur Verfügung. Auch die Beautragung eines externen Dienstleisters ist zulässig. Nicht ausreichend ist hingegen die Übergabe der XML-Datei auf einem externen Speichermedium (z. B. USB-Stick). Dies würde lediglich eine sonstige Rechnung darstellen.
Für inländische Unternehmer besteht ab dem 01.01.2025 die Pflicht, E-Rechnungen empfangen zu können. Ausreichend hierfür ist die Bereitstellung eines Email-Postfachs, jedoch ist auch die Vereinbarung abweichender Übermittlungswege zulässig. Sofern der Rechnungsempfänger technisch nicht zum Empfang in der Lage ist oder diesen verweigert, besteht für ihn kein Recht auf Ausstellung einer sonstigen Rechnung. Seine umsatzsteuerlichen Pflichten hat der Rechnungsaussteller dann erfüllt, wenn er sich nach Ausstellung der E-Rechnung nachweislich um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat.
c) Verträge als Rechnung
Sofern Verträge die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben enthalten, sind sie als Rechnung anzusehen. Im Falle eines Dauerschuldverhältnisses (z.B. Mietverhältnis) genügt es, für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung auszustellen, welcher der zugrundeliegende Vertrag als Anhang beigefügt wird, oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt. Bei bestehenden Dauerschuldverhältnissen ist spätestens bis zum 01.01.2025 eine E-Rechnung zu erstellen bzw. zu empfangen.
d) Berichtigung
Sofern eine E-Rechnung berichtigt werden muss, gelten hierfür entsprechend § 31 Abs. 5 UStDV die gleichen Anforderungen an Inhalt und Form wie in § 14 UStG. Für die Berichtigung ist somit ebenfalls eine E-Rechnung erforderlich, die Verwendung einer anderen Form ist nicht ausreichend. Handelt es sich um eine wirksame Berichtigung, so wirkt diese auf den Zeitpunkt der Ausstellung der ursprünglichen E-Rechnung zurück. Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage ist wie auch schon bisher eine Berichtigung des Steuerbetrags in der ursprünglichen Rechnung nicht erforderlich. Die Belegaustauschpflicht für die in § 17 Abs. 4 UStG aufgeführten Fälle besteht jedoch fort.
e) Juristische Personen des öffentlichen Rechts
Für juristische Personen des öffentlichen Rechts besteht ebenfalls eine Pflicht zur Ausstellung bzw. zum Empfang von E-Rechnungen. Sofern eine Leistung zu einem Teil im Rahmen des Unternehmens und zu einem anderen Teil aus dem nichtwirtschaftlichen Bereich i. e. S. einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeführt wird, handelt es sich nicht eine einheitliche Leistung, sondern um zwei umsatzsteuerrechtlich selbstständig zu beurteilende Vorgänge. Falls für eine von zwei Leistungen die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht und beide Leistungen in einer Rechnung abgerechnet werden, muss die Ausstellung der Rechnung insgesamt als E-Rechnung erfolgen.
8. E-Rechnung und Vorsteuerabzug
Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht, erfüllt nur eine E-Rechnung die Anforderungen der §§ 14, 14a UStG, nicht jedoch eine sonstige Rechnung. Die in einem falschen Format ausgestellte Rechnung berechtigt nach Ansicht der Finanzverwaltung somit nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 UStG.
Jedoch enthält der Entwurf des o.g. BMF-Schreibens drei sog. „Weichmacher“: Erstens kann die fälschlicherweise ausgestellte sonstige Rechnung durch die nachträgliche Ausstellung einer E-Rechnung berichtigt werden. Die E-Rechnung muss dann jedoch durch eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine berichtigte Rechnung handelt. Sofern alle Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Rechnung erfüllt sind, wirkt diese auf den Zeitpunkt der Ausstellung der sonstigen Rechnung zurück. Zweitens kann auch bei fehlender Berichtigung aus der sonstigen Rechnung ein Vorsteuerabzug möglich sein, wenn der Finanzverwaltung alle relevanten Angaben vorliegen, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug überprüfen zu können. Drittens ist schließlich der Vorsteuerabzug bei einer Rechnung in einem falschen Format möglich, sofern der Rechnungsempfänger anhand der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen konnte, dass der Rechnungsaussteller die Übergangsregelungen für die Jahre 2025- 2017 nach § 27 Abs. 38 UStG in Anspruch nehmen konnte.
9. Sanktionen bei Ausstellung einer Rechnung in einem falschen Format
Sofern der Rechnungsaussteller unbewusst bzw. bewusst eine formal falsche Rechnung ausstellt, ist umstritten, ob es eine zivilrechtlichen Haftung aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugs wegen einer formal unrichtigen Rechnung in Betracht kommt. Denkbar wäre auch, dass der Rechnungsaussteler eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 26a Abs. 2 Nr. 1 UStG verwirklicht hat, die mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden kann, wenn eine Rechnung entgegen § 14 Abs. 2 UStG n.F. nicht oder nicht rechtzeitig ausgestellt wird. Ob die Finanzverwaltung jedoch eine Rechnung in einem unrichtigen Format als „Ausstellung keiner Rechnung“ i.S.d. § 14 Abs. 2 UStG n.F. bewerten wird, ist derzeit noch unklar.
10. Aufbewahrung
Der strukturierte Teil einer E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass dieser in seiner ursprüng-lichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. In zeitlicher Hinsicht verbleibt es bei der bisherigen zehnjährigen Aufbewahrungspflicht. Darüber hinaus sind – wie auch schon bislang – die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) hinsichtlich der Aufbewahrungspflichten zu beachten.
11. Übergangsfristen
Bis Ende 2026 können weiterhin Papierrechnungen (sog. sonstige Rechnungen) ausgestellt werden. Zulässig ist auch noch die Verwendung von elektronischen Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, sofern der Empfänger zustimmt. Neu ist jedoch der Vorrang der E-Rechnung. In jedem Falle müssen Unternehmer ab dem 01.01.2025 in der Lage sein, E- Rechnungen im neuen Format zu empfangen und zu verarbeiten.
12. Folgen für die Praxis
Im Zuge der Einführung der obligatorischen E-Rechnung kommt auf die Unternehmen ein erheblicher Umstellungsaufwand zu. Gleichwohl ist die schrittweise Einführung der obligatorischen E-Rechnung als Meilenstein einer vollständigen Digitalisierung zu begrüßen.
Das Umsatzsteuer-Kompetenzteam von LHP bestehend aus Rechtsanwälten, Fachanwälten für Steuerrecht und Steuerberatern berät Sie gern in allen Fragen rund um die Einführung der E-Rechnung.
An der Pauluskirche 3-5,
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