Spätestens nach der Durchsuchung sollte eine effektive Verteidigungsstrategie erarbeitet werden. Die Erfahrung in der Steuerstrafverteidigung zeigt, dass es sich um eine Spezialmaterie handelt, in der viele Fallstricke vermieden werden können. Für die Durchsuchung selbst empfehlen sich einige Regeln.
- Der Tag der Durchsuchung gehört der Steuerfahndung. Dennoch kann der Betroffene die Weichen für das weitere Verfahren bestmöglich stellen, wenn er die folgenden Regeln beachtet. Dies ist natürlich leichter gesagt als getan.
- Der Tag der Durchsuchung „gehört“ faktisch der Steuerfahndung. Dies bedeutet, dass die Durchsuchung rechtlich meist nicht zu verhindern ist und daher nur versucht werden kann, diese in geordneten Bahnen zu halten und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich im Unternehmen bzw. öffentlich zu erregen.
- Sofortige Kontaktaufnahme mit Berater und Verteidiger! Da gegenüber der Steuerfahndung nicht der Eindruck erweckt werden sollte, ggf. an anderer Stelle Beweise zu vernichten, kann das Telefonat über Lautsprecher geführt werden. Die Beamten sind meist bereit, eine gewisse Zeit bis zum Eintreffen des Verteidigers zu warten.
- Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss aushändigen lassen und durch Hausjurist oder Verteidiger (ggf. Übermittlung per Fax) prüfen lassen;
- Zweck der Durchsuchung erfragen (Tatvorwurf, gegen wen, gesuchte Beweismittel);
- Schweigerecht beachten (nur Äußerung zu eigenen Personalien): Während der Durchsuchung besteht keine Pflicht zur aktiven Mithilfe (z. B. Vorlage von Urkunden), sondern nur die Pflicht zur Duldung der Durchsuchung. Sollte dennoch eine Aussage erwogen werden, empfiehlt sich vorab eine Konsultation des Verteidigers. Der Beschuldigte hat das Recht auf ein vertrauliches und inhaltlich unüberwachtes Gespräch mit dem Verteidiger.
- Ein Anwesenheitsrecht haben der Geschäftsinhaber (Geschäftsführer bzw. dessen Vertreter) und der Wohnungsinhaber bzw. der Hausrechtsinhaber. Ist der Hausrechtsinhaber gleichzeitig der Beschuldigte, hat sein Verteidiger auch ein Anwesenheitsrecht.
- Personal sollte ggf. während der Durchsuchung im Unternehmen freigestellt werden, soweit es nicht benötigt wird.
- Namen und Funktionen der Beamten, insbesondere des federführenden Durchsuchungsleiters, und den Namen ihrer Dienststelle vermerken;
- Kontrolle des Ablaufs der Durchsuchung: diese ist räumlich durch die im Beschluss genannte Anschrift und die ggf. dort genannten Räume begrenzt (wichtig z. B. bei mehreren Gesellschaften auf einer Etage).
- Kooperation kann angeboten werden in Form von Suchhilfe, aber Herausgabe nur unter Widerspruch, der im Beschlagnahmeprotokoll zu dokumentieren ist.
- Ist ein Beschlagnahmeverbot streitig, sollten betroffene Dokumente bzw. Daten nur in versiegelter Form zur Vorlage beim Richter herausgegeben werden.
- Eine Vernichtung von Unterlagen ist nicht empfehlenswert: Das Risiko, dabei erwischt zu werden, ist groß und die drohenden Nachteile stehen in keinem Verhältnis zum vermeintlichen Nutzen. Viele Unterlagen existieren sowieso mehrfach (sog. „E-Mail-Pest“: in Unternehmen werden gefahrgeneigte E-Mails oft bedenkenlos mehrfach ausgetauscht bzw. weitergeleitet und sind als weitere Beweismittel vorhanden).
- Übersicht über die beschlagnahmten Unterlagen anfertigen und wichtige Unterlagen vor Herausgabe kopieren.
- Verlassen die Prüfer das Unternehmen, sollte ausdrücklich die Bestätigung eingeholt werden, dass die Durchsuchung beendet ist. Dann ist der Durchsuchungsbeschluss erledigt und nicht mehr nutzbar. Der Beschluss ist zudem mit Herausgabe des gesuchten Gegenstands erschöpft.
Notfallplan
Ein Notfallplan hat sich für Unternehmen bewährt, um die gröbsten Fehler trotz des Überraschungseffekts zu vermeiden und die stressige Situation so gut wie möglich in den Griff zu bekommen. Dieser Plan kann z. B. Regelungen zu folgenden Punkten enthalten:
- Schweigen des Beschuldigten am Tage der Durchsuchung ist Gold. Wie sollen sich Mitarbeiter verhalten?
- Sofortige Verständigung des Beraters/Rechtsanwalts (Telefonnummer vermerken, wer muss anrufen?).
- Wer ist außerdem bei einer Durchsuchung zu informieren?
- Keine Zeugenaussagen während der Durchsuchung. Zeugen müssen nur vor der Staatsanwaltschaft oder der Buß- und Strafsachenstelle der Finanzverwaltung erscheinen. Für diesen Fall kann ggf. ein Zeugenbeistand (Rechtsanwalt) hinzugezogen werden, der allein schon durch seine Anwesenheit eine vorsorglich disziplinierende Wirkung auf die Ermittlungsbehörde hat.