Mit Beschluss vom 27.07.2016 (Az. 1 StR 256/16) hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein drohendes Berufsverbot eines Steuerberaters als Strafmilderungsgrund im Rahmen der Strafzumessung anerkannt.
Damit bestätigte der BGH die Beratungspraxis der Steueranwälte und Steuerstrafverteidiger von LHP Rechtsanwälte, die im Rahmen der steuerstrafrechtlichen Beratung und Vertretung von Berufskollegen und anderen freiberuflich tätigen Personen, die in einer Berufskammer organisiert sind (z.B. Architekten, Ärzte, Ingenieure, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Zahnärzte, Krankengymnasten, Journalisten etc.) stets die drohenden berufsrechtlichen Folgen gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Strafgericht als strafmildernd im Rahmen der Strafzumessungserwägungen geltend machen.
Beim Berufsverbot nach den §§ 70 ff. StGB handelt es sich nicht um eine Strafe, sondern gemäß § 61 Nr. 6 StGB um eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Diese soll als Präventivmaßnahme die für die Allgemeinheit bestehende Gefahr beseitigen, dass ein Täter bei weiterer Ausübung seines Berufs oder Gewerbes (auch zukünftig) erhebliche rechtswidrige Taten begeht.
Berufliche Konsequenzen einer Tat sind im Strafprozess zum Zwecke der Vermeidung einer Doppelbestrafung grundsätzlich als „Wirkungen, die für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind“ (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB), bei der Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles und bei der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung gewinnt dieser Strafzumessungsgrund, wenn - wie z.B. bei dem Verlust der Beamtenstellung, dem Ausschluss aus der Anwaltschaft, dem Verlust der Approbation - die Grundlage für die berufliche Existenz des Angeklagten für die Zukunft verloren geht. Das Strafgericht hat daher im Rahmen seiner Strafzumessungserwägungen auch die einem Angeklagten als Steuerberater wegen der strafrechtlichen Verurteilung drohenden berufsrechtlichen Folgen gemäß § 89 Abs. 1, § 90 Abs. 1 Nr. 5 des Steuerberatungsgesetzes besonders in den Blick zu nehmen. Die gilt für andere freiberuflich tätige Personen (z.B. Architekten, Ärzte, Ingenieure, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Zahnärzte, Krankengymnasten, Journalisten etc.), die einer Berufsordnung unterliegen, entsprechend.
Im vorliegenden Fall hatte das vorinstanzliche Landgericht Kassel den Angeklagten, einen selbständigen Steuerberater, wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, ohne erkennbar die berufsrechtlichen Folgen einzubeziehen. Die Vollstreckung der Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.
Das Landgericht Kassel hat im Rahmen seiner Strafzumessungserwägungen die dem Angeklagten als Steuerberater drohenden berufsrechtlichen Folgen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Begehung einer - hier versuchten - Steuerhinterziehung durch einen Steuerberater kann gemäß § 89 Abs. 1 in Verbindung mit § 90 Abs. 1 Nr. 5 des Steuerberatungsgesetzes als Berufspflichtverletzung sogar zu einem Ausschluss aus dem Beruf führen. Steht die Möglichkeit eines Verlustes der beruflichen oder wirtschaftlichen Existenz aufgrund berufsrechtlicher Folgen aus Anlass der Begehung einer Straftat im Raum, handelt es sich regelmäßig um einen zu berücksichtigenden Strafzumessungsgrund. Das Urteil des Landgerichts Kassel wurde daher hinsichtlich des Strafausspruchs aufgehoben.
Die Entscheidung des BGH ist sehr zu begrüßen. Gibt sie doch dem Argument des Steueranwalts und Steuerstrafverteidigers in der Praxis nun eine weitere höchstrichterliche Grundlage. Diese Entscheidung hat zudem Ausstrahlungswirkung auf alle freien Berufe (z.B. Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Ingenieure, Architekten, Journalisten etc.), die einer eigenen Berufsgerichtsbarkeit unterliegen.
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