Ein aufsehenerregendes Urteil wurde (erst) am 19.8.2015 veröffentlicht:
Der BFH hat mit Urteil v. 16.12.2014 entschieden,
1. dass die Finanzverwaltung die Herausgabe digitalisierter Steuerdaten zur Speicherung und Auswertung auf mobilen Rechnern der Prüfer nur verlangen könne, wenn Datenzugriff und Auswertung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen oder in den Diensträumen der Finanzverwaltung erfolgen.
2. Außerdem sei eine Speicherung von Daten über den tatsächlichen Abschluss der Prüfung hinaus durch § 147 Abs. 6 Satz 2 AO nur gedeckt, soweit und solange die Daten noch für Zwecke des Besteuerungsverfahrens (z.B. bis zum Abschluss etwaiger Rechtsbehelfsverfahren) benötigt werden (Az: VIII R 52/12).
Anmerkung: Dieses grundlegende Urteil wird Auswirkungen auf die Dienstanweisungen für die Betriebsprüfungsstellen haben (Mitnahme von Daten nach Hause und Formulierung von Herausgabeanordnungen und Prüfungsanordnungen). Eine weitere Folge des BFH-Urteils: Herausgabeanordnungen i.S.d. 147 Abs. 6 AO (ggf. mit verbundenen Prüfungsanordnungen), die wie im Sachverhalt dieses BFH-Urteils die Anforderungen des BFH zum Datenschutz nicht erfüllen, können mittels Einspruchs angefochten werden. Voraussetzung dürfte sein, dass der Prüfer die Daten auf einem Notebook nach Hause zur Fall-Bearbeitung nehmen möchte bzw. keine Zusicherung gibt, dies nicht zu tun. Ob diese Anfechtung jedoch sinnvoll ist, sollte im Einzelfall entschieden werden. Rechtsanwalt Dirk Beyer (Mitarbeiter der Sozietät LHP in Köln) bespricht dieses Urteil in der NWB Nr. 36, Jahrgang 2015, S. 2622.
Rettungsanker bei Selbstanzeigen?: Eine Anfechtung der PA einschl. der Überlassungsanordnung bietet sich als Überlegung z.B. auch an wenn ein Mandant eine Selbstanzeige abgeben will, aber gerade eine PA zugestellt wurde. Ob die Sperrwirkung der PA dann beseitigt ist, ist allerdings nicht geklärt (nach einer Ansicht soll die Sperrwirkung nur bei nichtiger PA entfallen). Vorliegend ist zudem zu bedenken, dass im Kern die Überlassungsanordnung vom BFH geändert wurde, welche mit der PA nur verfahrensrechtlich verbunden wird. Ob eine Anfechtung daher auf den Sperrgrund der PA "durchschlägt" wäre zu prüden. Der Datenschutz gemäß BFH-Urteil betrifft ggf. nur eine Ergänzung der PA, so dass sie ggf. im übrigen bestehen bleibt. Aber immerhin hätte der Verteidiger dann einen (ungewissen) Argumentationsansatz. Der Mandant sollte auf diese Rechtsunsicherheit vor Abgabe der Selbstanzeige hingewiesen werden. Hinweise zu diesem Thema gibt Rechtsanwalt Dirk Beyer in der Rubrik "Aktuelles" in der Zeitschrift AO-StB Nr. 10/2015.
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