Das Umsatzsteuerrecht zeichnet sich durch eine Doppelgleisigkeit aus: Einerseits sind bereits während des laufenden Jahres die Voranmeldungen abzugeben. Andererseits genügt dies nicht. Denn der Gesetzgeber verlangt zudem eine Jahreserklärung. Doch wie ist zu verfahren, wenn sich herausstellt, dass Voranmeldungen unzutreffend sind?
Während des laufenden Besteuerungszeitraumes ist eine Nachholung bzw. Berichtigung (153 AO) verfahrensrechtlich möglich. Dies ist auch nach Ablauf des Jahres der Fall solange keine Jahreserklärung abgegeben wurde. Eine andere Frage ist, ob für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige (371 AO) stets auch die Voranmeldungen des entsprechenden Jahres korrigiert werden müssen oder eine Korrektur der Jahreserklärung genügt. Eine Antwort kann hierzu aufgrund der vielen Fallstricke nicht pauschal an diese Stelle gegeben werden (vgl. zu Praxisfällen unsere Autoren Heuel/Beyer, NWB-BBK 2015, S. 740). Die sichere Lösung besteht in einer doppelten Korrektur.
Doch wie ist der Fall zu beantworten, wenn bereits eine unzutreffende Jahreserklärung für das Jahr X abgegeben wurde. Müssen dann neben der Jahreserklärung für X auch noch die entsprechenden Voranmeldungen für X berichtigt werden (153 AO)? Interessant ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des BFH. Dieser hat sich nicht ausdrücklich mit der vorliegenden Frage befasst. Allerdings können sich dennoch Schlussfolgerungen ergeben. Zunächst ist zu beachten, dass die Abgabe einer Jahreserklärung ebenfalls eine Steueranmeldung und damit eine Steuerfestsetzung (§ 168 Satz 2 AO; wobei bei einem Rotbetrag noch die Zustimmung des FA notwendig ist). Der BFH führt nun aus: Mit Wirksamwerden der Jahresfestsetzung wird die Festsetzung der Voranmeldung unwirksam wegen anderweitiger Erledigung gem. § 124 Abs. 2 AO (BFH v. 12.10.1999 BFHl v. 22.5.2012 - VII R 47/11). Wenn diese Rechtsprechung zugrunde gelegt wird, dürfte eine Berichtigung der Voranmeldung gem. § 153 AO, welche zeitlich nach Wirksamwerden der Jahresfestsetzung geschieht, nicht mehr zu einer wirksamen (geänderten) Festsetzung einer Voranmeldung führen. Eine steuerliche Berichtigung gem. § 153 AO betreffend eine Voranmeldung kann daher verfahrensrechtlich ab diesem Zeitpunkt sinnvollerweise nicht mehr erfolgen. Eine Berichtigung hat in Form einer Jahreserklärung zu geschehen. Ob diese Sichtweise jedoch auch von der Rechtsprechung geteilt wird, kann zur Zeit nicht prognostiziert werden. nach hier vertretener Ansicht nur noch in Form einer Jahreserklärung erfolgen. Eine Änderung der Voranmeldung erscheint wegen Unwirksamkeit sinnlos.
Eine noch andere Frage ist, ob durch Abgabe einer Jahreserklärung gleichzeitig eine Selbstanzeige gem. § 371 AO hinsichtlich einer Voranmeldung abgegeben werden kann. Der BGH hatte dies vor mehr als 10 Jahren bejaht. Inzwischen ist die Rechtslage jedoch mehrfach geändert worden, so dass unklar ist, ob die alte Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist (vgl. hierzu demnächst von unserem Rechtsanwalt Dirk Beyer in der Fachzeitschrift NWB). Eine Selbstanzeige ist von einer Berichtigung gem. § 153 AO zu unterscheiden und dies sollte im Einzelfall besprochen werden.
Unsere Mandanten sollten wissen, dass dieser Hinweis eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann. Die Fallstricke sind zu vielfältig und sollten durch ein Gespräch unbedingt vermieden werden. Es kommt stets auf die Besonderheiten im Einzelfall an. Werden diese berücksichtigt, wird eine Berichtigung meist geräuschlos funktionieren.
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