Viele Gastronomen, Einzelhändler und Friseurbetrieb stehen vor der Frage, wie sie die Belegausgabepflicht bei elektronischer Kassenführung künftig erfüllen können. Um eine Papierflut zu vermeiden, kann in manchen Bereichen eine elektronische Übermittlung (ggf. automatisiert) eine Alternative sein. Das ist jedoch eine Frage des Einzelfalles.
Will der Unternehmer die Belegausgabepflicht gänzlich vermeiden, bleibt ihm nur ein (ungewisser) Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht. Im Moment entwickelt wir die entsprechenden Formulierungen mit unseren Mandanten der verschiedenen Bargeldbranchen. Der Antrag sollte gut vorbereitet werden, da es sich um eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes handelt und noch keine generellen Zustimmungen für bestimmte Branchen bestehen.
Hinweis: Ein Antrag auf eine Befreiung durch einen Gastronomen kann auch unfreiwillig als Einladung an das FA für eine Kassennachschau angesehen werden.
Es gibt laut Bundesfinanzministerium (BMF) auch die Möglichkeit eines elektronischen Belegs. Das ist für Gastronomen für bestimmte Bereiche sicherlich auch eine Alternative, also per E-Mail bzw. App. Ob das aber auch bei Laufkundschaft funktioniert, steht auf einem anderen Blatt.
Interessant ist, dass das BMF von der „Möglichkeit“ der Entgegennahme spricht. Bei elektronischer Übermittlung ist daher möglicherweise keine tatsächliche Übertragung notwendig (das BMF-Schreiben könnte so zu verstehen sein). So spricht das BMF ja auch bei Papierform davon, dass der Kunde nicht zur Annahme verpflichtet ist. Eine bloße Anzeige auf einem Display an der Kasse genügt allerdings nicht. Es ist die offene Frage, ob es reicht, dass der Gastronom den Kunden durch einen Aushang die technische Übermittlungsmöglichkeit anbietet, indem dort auf z.B. eine App verwiesen wird oder dass der Gast seine Email-Adresse dem Kellner geben kann.
Diese Fragen wird das Finanzamt jedoch nicht selbst auf Nachfrage entscheiden können, das ist eine Frage für eine übergeordnete Oberfinanzdirektion (OFD). Wenn der Mandant Interesse hat, stellen wir diese Fragen auch dort in Abstimmung mit dem Finanzamt. Die Antwort wird dann sicherlich etwas dauern bis auch bei den OFDs eine Meinungsbildung entstanden ist.
6. Belegausgabe
6.1 Die Belegausgabepflicht hat ab 1.1.2020 nur derjenige zu befolgen, der Geschäftsvorfälle mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems i. S. d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO erfasst.
6.2 Der Beleg kann nach § 6 Satz 3 KassenSichV elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Dies setzt voraus, dass die Transaktion (vgl. AEAO zu § 146a, Nr. 1.6) vor Bereitstellung des Belegs abgeschlossen wird.
6.3 Eine elektronische Bereitstellung des Beleges bedarf der Zustimmung des Kunden. Die Zustimmung bedarf dabei keiner besonderen Form. Ein elektronischer Beleg gilt als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Möglichkeit der Entgegennahme des elektronischen Belegs gegeben wird. Unabhängig von der Entgegennahme durch den Kunden ist der elektronische Beleg in jedem Fall zu erstellen.
6.4 Die Sichtbarmachung eines Beleges an einem Bildschirm des Unternehmers (Terminal/Kassendisplay) allein reicht nicht aus.
6.5 Ein Beleg i. S. v. § 6 KassenSichV ist nur für Geschäftsvorfälle auszugeben, an denen ein Dritter beteiligt ist. Von der Belegausgabepflicht sind z. B. Entnahmen und Einlagen ausgenommen.
6.6 Eine elektronische Belegausgabe muss in einem standardisierten Datenformat (z. B. JPG, PNG oder PDF) erfolgen, d. h. der Empfang und die Sichtbarmachung eines elektronischen Beleges auf dem Endgerät des Kunden müssen mit einer kostenfreien Standardsoftware möglich sein. Auf den Übertragungsweg bei der Übermittlung der Daten kommt es nicht an.
6.7 Die Ausgabe des Belegs muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Beendigung des Vorgangs erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beleg in Papierform oder elektronisch bereitgestellt wird.
6.8 Bei der Zurverfügungstellung eines Papierbelegs reicht das Angebot zur Entgegennahme aus, wenn zuvor der Beleg erstellt und ausgedruckt wurde. Eine Pflicht zur Annahme des Belegs durch den Kunden sowie zur Aufbewahrung besteht nicht. Es besteht keine Aufbewahrungspflicht des Belegausstellers für nicht entgegengenommene Papierbelege.
6.9 Nach § 146a Abs. 2 Satz 2 AO kann bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen auf Antrag und mit Zustimmung der zuständigen Behörde nach § 148 AO aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht abgesehen werden. Die Möglichkeit der Befreiung besteht unter den gleichen Voraussetzungen auch bei Dienstleistungen.
Eine Befreiung i. S. d. § 148 AO kann nur für den jeweiligen Einzelfall beantragt und gewährt werden. Eine Befreiung kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht. Die mit der Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellen für sich allein keine sachliche Härte im Sinne des § 148 AO dar.
6.10 Die Befreiung von der Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO entbindet den Unternehmer nicht von dem Anspruch des Kunden auf die Ausstellung einer Quittung (§ 368 BGB).
6.11 Die Befreiung von der Belegausgabepflicht setzt voraus, dass durch die Unterdrückung der Belegausgabe die Funktion der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht eingeschränkt wird.
Die Steueranwälte von LHP behalten die weitere Entwicklung der Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen zur Kassenführung im Blick. Die jeweiligen Neuregelungen sollten den Unternehmern bekannt sein. Nach unserer Erfahrung bei der Vertretung in Betriebsprüfungsfällen ist es oft bitter für den Unternehmer, wenn ihm später in einer Betriebsprüfung vorgehalten wird, bestimmte Vorschriften bei der Kassenführung nicht eingehalten zu haben.
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