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Ausschluss der Restschuldbefreiung bei Steuerhinterziehung

In der Praxis besteht für Mandanten öfters die Frage, ob eine Restschuldbefreiung bei Steuerhinterziehung ausgeschlossen ist. Wir möchten hier einige Hinweise zur Rechtsprechung geben, die sich in der Beratungspraxis immer wieder stellen. Im Einzelfall kann jedoch eine Beratung hierdurch nicht ersetzt werden, da auch hier die jeweils gültige Rechtsprechung zu beachten ist und Detailregelungen gelten.

1. Genereller Ausschluss der Restschuldbefreiung (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO)

Die Restschuldbefreiung kann durch Beschluss des Insolvenzgerichts generell in den Fällen des § 290 Insolvenzordnung (InsO) versagt werden.

So lautet der Ausschlussgrund gem. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO wie folgt

„Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, […] wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden.“

Hinweis der Steueranwälte: Unter diese Regelung kann auch der Tatbestand der Steuerhinterziehung fallen (BGH NJW-Spezial 2011, 311). Mit „Leistungen aus öffentlichen Kassen“ können im Einzelfall z.B. Steuererstattungen aufgrund unzutreffender Steuererklärungen gemeint sein. Und die „Vermeidung von Leistungen an öffentliche Kassen“ kann z.B. bei der unrichtigen Abgabe von Steuererklärungen vorliegen.

Antrag eines Gläubigers notwendig

Zwingende Voraussetzung für diesen generellen Ausschluss ist aber ein Antrag eines Insolvenzgläubigers. Dieser muss nicht an der Schlussverteilung teilnehmen. Der Antrag muss bis zum Schlusstermin gestellt werden, bzw. im schriftlichen Verfahren im Rahmen der Schriftsatzfrist. Ein Nachschieben eines Antrags ist auch dann nicht möglich, wenn der Gläubiger erst nach dem Schlusstermin vom Versagungsgrund erfährt (BGH NZI 2009, 64).

Nachträgliches Bekanntwerden

Achtung: Das Gesetz sieht nun die Möglichkeit eines nachträglichen Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung vor. Hierzu gibt es nun die Regelung des § 297a InsO. Auf Antrag versagt das Gericht die Restschuldbefreiung auch nach dem Schlusstermin und erfolgter Aufhebung des Insolvenzverfahrens, wenn sich anschließend herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs 1 InsO vorgelegen hat.

2. Ausschluss einzelner Forderungen des Finanzamtes (§ 302 Nr. 1 InSo)

Selbst wenn kein vorgenannter genereller Versagungsgrund gem. § 290 InsO besteht, so können einzelne Forderungen des Finanzamtes dennoch in den Fällen des § 302 InsO ausgeschlossen sein.

Der Ausschlussgrund § 302 Nr. 1 InsO lautet u.a.: „Verbindlichkeiten des Schuldners aus …. oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist.“

Diese rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung muss bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung vorliegen. Es ist also für den Ausschluss nicht notwendig, dass diese schon im Schlusstermin des Insolvenzverfahrens vorliegt. In welchem Umfang eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen ist, richtet sich danach, inwieweit sich die zur Tabelle angemeldete Steuerforderung und die in der strafgerichtlichen Verurteilung gem. § 267 StPO niederzulegende Berechnung der Steuerverkürzung decken.

Hinweis: Im Einzelfall zu beurteilen ist z.B., ob steuerlich geschuldete Zinsen dieser Ausnahme unterfallen. Hier kann auch zu unterscheiden sein, ob Hinterziehungszinsen festgesetzt sind. Ist jedoch die Hauptforderung ausgeschlossen, werden auch Verzögerungsgelder, Säumniszuschläge, Zwangsgelder und Zinsen nach § 235 AO von einer erteilten Restschuldbefreiung ausgenommen (BFH DStRE 2018, 1455). Die Feststellung darf sich auf den Zinsanspruch beziehen, selbst wenn die strafrechtliche Verurteilung nicht wegen der Zinsen erfolgt ist (BFH, Urt. v. 7.8.2018 – VII R 24/17, VII R 25/17).

Finanzamt muss seine Forderung anmelden

Voraussetzung für den Ausschluss ist, dass die Forderung gemäß der Regelung des § 174 Abs. 2 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet wurde.

Hinweis der Steueranwälte: Der Schuldner kann diesem Ausschluss (Privilegierung des Finanzamtes mit seiner Forderung) nach einer Anmeldung widersprechen. Dann hat das Finanzamt die Möglichkeit, den Widerspruch unter Hinweis auf die rechtskräftige Verurteilung durch Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO zu beseitigen (BFH, Urt. v. 7.8.2018 – VII R 24/17, VII R 25/17).

Keine Bagatellgrenze

Anders als im Fall des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO (sog. Konkursstraftaten) besteht bei einer Steuerhinterziehung keine Bagatellgrenze.

Hinweis der Steueranwälte: Misslich ist, dass das Gesetz und auch die Rechtsprechung keine Bagatellgrenze vorsehen (z.B. eine geringe Anzahl an Tagessätzen oder wenn keine Eintragung der Strafe in das sog. Führungszeugnis erfolgt) vor. Zudem ist eine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat selbst dann zu berücksichtigen, wenn die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister bereits getilgt ist. Die herrschende Ansicht geht hiervon aus, weil das Gesetz in § 302 Nr. 1 InsO anders als in § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO keine zeitliche Befristung vorsieht.

Schon ein Strafbefehl schadet

Hinweis der Strafverteidiger: Wenn gegen einen Strafbefehl nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt wird, steht dieser Strafbefehl einem Urteil gleich (§ 410 Abs. 3 StPO). Die Strafverteidiger von LHP prüfen daher im Einzelfall die Möglichkeit eines Einspruchs gegen den Strafbefehl.

Die Rechtsprechung geht zudem davon aus, dass bereits eine vorbehaltene Strafe genügt, um den Ausschluss der Restschuldbefreiung herbeizuführen (BFH, Urt. v. 7.8.2018 – VII R 24/17, VII R 25/17). Eine vorbehaltene Strafe bedeutet, dass das Urteil oder der Strafbefehl nicht sofort zu einer Strafe verurteilt, sondern diese für den Fall vorbehält, dass sich der Verurteilte z.B. nicht an Auflagen hält.

Die obigen Ausführungen zeigen, dass die Regelungsmaterie komplex ist und Fallstricke beachtet werden sollten. Die Steueranwälte von LHP empfehlen daher immer die Beratung im Einzelfall.

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