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Antrag auf AdV (Aussetzung der Vollziehung) bei behaupteter Steuerhinterziehung

Wenn der Angeklagte bzw. Beschuldigte im Steuerstrafverfahren schweigen möchte, so steht dies im Widerspruch zur Notwendigkeit, einen AdV-Antrag beim Finanzgericht zu begründen. Doch richtigerweise sind die Anforderungen an die Begründung und seine Darlegungslast hier abgesenkt:

1. Geringere Anforderungen an die Begründung eines AdV-Antrags?

Die Hürde für einen AdV-Antrag kann im Einzelfall durch das Steuerstrafverfahren niedriger sein. Dies ist jedoch kein Muss. Den nicht zu verkennen ist der "Schubladen"-Faktor: Das Anliegen von Beschuldigten wird von manchen Finanzrichtern kritischer gesehen. Es kann eine Vorprägung bestehen. Oft wird parallel zu einer steuerlichen Betriebsprüfung ein Steuerstrafverfahren eingeleitet und im Einzelfall kann diese Zuspitzung der strafprozessualen Situation aber auch positiven Einfluss auf die Darlegungs- und Mitwirkungspflicht in Rechtsbehelfsverfahren wie das Aussetzungsverfahren haben. Die unterschiedlichen prozessualen Grundsätze in beiden Verfahren sind nicht miteinander vereinbar. So würde z.B. die steuerliche Mitwirkungspflicht das – nicht weiter rechtfertigungsbedürftige - strafprozessuale Schweigerecht unterlaufen. Bis heute haben die Spitzen des BFH und des BGH in mehreren Diskussionen keine andere praktikable Lösung bzw. einheitliche Sichtweise für diese Problematik gefunden. Dies sollte von einem Finanzgericht (FG) bei einem AdV-Antrag berücksichtigt werden. Die Anforderungen an die Begründetheit des Antrages liegen schon aus diesen prozessualen Gründen niedriger, da sonst das Recht auf effektiven Rechtsschutz unzumutbar ausgehöhlt würde. Korrespondierend erhöhen sich die Anforderungen an die Ermittlungs- und Darlegungspflicht des Finanzamtes. Da sich die Rechtsprechung hierzu noch nicht ausdrücklich geäußert hat, kann ihre Entwicklung nicht prognostiziert werden. Der BFH hatte in einem früheren urteil allerdings die Ansicht vertreten, dass aus der Verletzung steuerlicher Mitwirkungspflichten auch im Strafverfahren im Einzelfall evtl. nachteilige Schlüsse gezogen werden können. Diese Sichtweise verkennt jedoch, dass im Strafverfahren keine Mitwirkungspflichten bestehen.

2. Feststellungslast ("Beweislast") liegt beim Finanzamt

Wenn eine Steuerhinterziehung vorliegt, kann der Prüfungszeitraum zeitlich erheblich erweitert werden. Dann gilt nicht mehr die Grundregel (Vejährungsdauer 4 Jahre), sondern eine verlängerte Festsetzungsfrist von bis zu 10 Jahren.

Hinweis: Beachten Sie, dass die oft nur oberflächliche Behauptung einer Steuerhinterziehung nicht genügt, um die Verjährung zu verlängern. Da es sich bei der behaupteten Hinterziehung um eine strafrechtliche Vorfrage im Besteuerungsverfahren handelt, trifft das Finanzamt sowohl für den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand einer Hinterziehung die Feststellungslast. So hat der BFH festgestellt, dass der Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) auch im Steuerrecht gilt (Urteil v. 14.08.1991, Az.: X R 86/88). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Feststellungslast des Finanzamtes für die Hinterziehung dogmatisch entsprechend dieser BFH-Ansicht oder auf andere Weise begründet wird. Jedenfalls liegt die Feststellungslast nach allgemeinen Grundsätzen – als abgabenbegründender Umstand – unstreitig beim Finanzamt. Das Finanzamt muss also die Steuerhinterziehung substantiiert darlegen und zweifelsfrei beweisen. Bloße Wahrscheinlichkeitsüberlegungen und ggf. Vereinfachungen – wie bei sonstigen rein steuerlichen Schätzungen - genügen nicht. Die Ermittlungen des Finanzamtes sind so genau wie möglich anhand der betrieblichen Daten zu führen. Ansonsten gilt zugunsten des Antragstellers: Eine Steuerhinterziehung des Antragstellers liegt sonst nicht vor und kann erst recht damit nicht bewiesen werden.

Unsere Steueranwälte empfehlen, die "Beweislast" bei kombinierten Verfahren im Einzelfall zu prüfen, damit der Betroffene schneller Klarheit bekommt. Ein erfolgreicher AdV-Antrag beim Finanzgericht kann Rückenwind im Steuerstrafverfahren bedeuten. Denn sieht auch das Finanzgericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide, so müssen diese Zweifel erst recht zugunsten des Angeklagten wirken. Die positive AdV-Entscheidung kann also auf den Tisch des Strafrichters gelegt werden.

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