Rechtsbehelfe bei Arrestbeschlüssen im Steuerstrafverfahren und im steuerlichen Verfahren
Jeder Arrestbeschluss sollte routinemäßig überprüft werden, da Arrestbeschlüsse aufgrund der Schnelligkeit des Verfahrens fehlerträchtig sind, also z.B. die Arrestsumme aufgrund bloß kursorischer Sachverhaltsermittlungen überhöht ist. Es empfiehlt sich dann, alsbald über die Einlegung von Rechtsbehelfen zu entscheiden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Führung von Rechtsbehelfen in Arrestverfahren beim Berater/Steueranwalt viel Arbeitszeit bindet, dieser also die zeitliche Kapazität hierzu besitzen muss und ein adäquates Honorar anfallen wird. Die Honorarzahlung ist jedoch gerade in Vollstreckungsfällen oft praktisch erschwert, so dass dann in der Praxis ggf. Geld von Dritten geliehen wird.
Ein Rechtsbehelf kommt dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen für einen Arrest fehlen, wenn also z.B. die Vollstreckung von vornherein ausgeschlossen ist, etwa nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies gilt ebenso dann, wenn kein Sicherungsbedürfnis vorliegt, weil die Finanzbehörde bereits über Sicherheiten oder einen Steuerbescheid als einen vollstreckbaren Titel – verfügt. Auch besteht kein Sicherungsbedürfnis (mehr) sobald der Steueranspruch durch Zahlung erloschen ist (§ 47 AO). So hat aktuell das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 16.08.2021 einen Vermögensarrest aufgehoben, weil einer der Mittäter den Steuerschaden bereits ausgeglichen hatte (Az. 3 Ws 406-408/21). Dies gelte auch dann, wenn nicht der Mittäter selbst, sondern ein Dritter, z.B. eine AG (Bank) bzw. GmbH, für die die Mittäter gehandelt haben (§ 14 StGB), den Schaden wieder gut gemacht haben. Weiterhin hat das OLG hierbei zudem klargestellt, dass für die Aufhebung des Arrestes unerheblich war, dass die Mittäter noch nicht strafrechtlich als solche verurteilt worden waren.
Auch die Höhe der Arrestsumme kann durch einen Rechtsbehelf angefochten werden, wenn diese nicht nachvollziehbar bzw. überzogen hoch ist. Arrestsumme ist der Betrag, bis zu dem der Arrest vollzogen werden darf. Hiervon zu unterscheiden ist die Lösungssumme. Dies ist der Geldbetrag, durch dessen Hinterlegung sich der Betroffene von den Wirkungen des Arrestes lösen kann (Abwendung).
Wichtig ist, bei der Wahl des Rechtsbehelfs den richtigen Weg einzuschlagen. Hierbei ist zwischen einem Arrest nach der StPO und einem nach der AO zu unterscheiden. Handelt es sich um einen strafprozessualen Vermögensarrest gem. § 111e StPO, also einen Arrest, der durch einen Richter angeordnet worden, so ist statthafter Rechtsbehelf die Beschwerde gem. § 304 Abs. 1 StPO. Eine Beschwerde setzt sinnvollerweise voraus, dass in der Beschwerdeschrift eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Ausführungen im Arrestbeschluss erfolgt und die Voraussetzungen des Arrestes dem Grund oder der Höhe nach bestritten werden.
Hinweis: Vor einer Beschwerde sollte abgewogen werden, ob das Risiko einer „Zementierung“ des Tatvorwurfs droht, weil das Landgericht als Beschwerdegericht den Tatvorwurf schnell bestätigen könnte. Zudem sollte gesehen werden, dass Strafrichter oft geneigt sind, die von ihnen angeordneten Arreste „zu halten“. Vorschnelle bzw. unsubstantiierte Beschwerden führen in der Praxis dann nicht selten dazu, dass die Ermittlungsbehörden trotz rechtswidriger Arrestbeschlüsse Rückenwind bekommen.
Da die Beschwerde– vergleichbar einem Einspruch gegen einen Steuerbescheid – selbst keine aufschiebende Wirkung hat, sollte mit der Beschwerde gleichzeitig die Aussetzung des Vollzugs beantragt werden (§ 307 Abs. 2 StPO). Hierbei ist zu sehen, dass dieses Vorgehen nicht sofort von Erfolg gekrönt sein muss, weil das Gericht bzw. die Behörden oft erst einmal an den Arrestbeschluss und den erfolgen Vollstreckungsmaßnahmen festhalten wollen. Der Arrestbeschluss wird oft sehr kurzfristig vollstreckt, so dass sich im Einzelfall auch anbieten kann, den Betrag zu hinterlegen bzw. eine Sicherungsvereinbarung mit der Behörde zu treffen, um betriebsschädigende Vollstreckungsmaßnahmen kurzfristig abzuwenden.
Nach erfolgloser Beschwerde ist die weitere Beschwerde gem. § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur zulässig wenn der Vermögensarrest einen Betrag vom EUR 20.000 übersteigt. Ansonsten ist kein weiterer Rechtsbehelf möglich. Es besteht allerdings immer die Möglichkeit der Gegenvorstellung oder einer Verfassungsbeschwerde (nach Ausschöpfung des Rechtsweges). Die Erfolgsaussichten sind in der Praxis jedoch dürftig.
Sind einzelne Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig, die aufgrund des Arrestes ergehen, wie z.B. eine Pfändung, besteht die Möglichkeit, bei Gericht einen Antrag gemäß gem. § 111k Abs. 3 StPO zu stellen.
Gegen einen steuerlichen Arrest gem. § 324 AO besteht die Möglichkeit von Einspruch und Klage und eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (zunächst beim Finanzamt, bei Misserfolg beim Finanzgericht gem. § 69 FGO).
Erweist sich ein Steuerstrafverfahren und die Vollstreckung aufgrund eines Arrestbeschlusses als rechtswidrig, so können im Einzelfall Ersatzansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) in Betracht kommen. Hierbei ist eine Frist von einem Monat zu beachten (§ 9 Abs. 1 S. 4 StrEG). Allerdings läuft dieser Anspruch oft leer wenn die Vollstreckung – wie so oft – in das Vermögen eines nicht beschuldigten Dritten als Einziehungsbeteiligtem erfolgt (z.B. Vermögen eines haftenden Gesellschafters). Auf Ansprüche nach dem StrEG kann sich nach Ansicht des BGH nur der Beschuldigte und nicht ein Dritter berufen (BGH, Urteil vom 13.9.18, III ZR 339/17).
Die Steueranwälte von LHP prüfen im Einzelfall die Voraussetzungen des Arrestbeschlusses und der Vollstreckung. Bei unberechtigten Maßnahmen ist zu überlegen, ob diese abgewehrt werden und welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen. Fallstricke sollten beachtet werden, da zu unterscheiden ist, ob der Arrest aufgrund der StPO oder der AO ergangenen ist.
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