Klassische Ermittlungsmethoden wie Auskunftsersuchen nach § 24c Abs. 3 Nr. 2 KWG, Bestandsanfragen der Kontoinhaber (Kundennamen) durch Herausgabeverlangen nach §§ 161, 95 StPO oder Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Bank mit Beschlagnahme der Bestandsdaten nach §§ 103, 105, 94 StPO lassen sich bei Kryptowährungen nicht einfach umsetzen, da sich die Exchanges oft im Ausland befinden.
Durch Pseudonymität und Dezentralität des Kryptowährungshandels ergibt sich eine große Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden, welcher jedoch durch die zumeist öffentliche Einsehbarkeit der Blockchains begegnet werden kann. Bei dieser können sich Spuren bis zur Entstehung des Coins durch das Mining zurückverfolgen lassen. Eine Verfolgung ist über die verschiedenen Kryptowährungsadressen möglich. Jedoch können durch die Nachverfolgung der Geldspuren nicht zwingend die beteiligten Personen diesbezüglich identifiziert werden.
a) Sammelauskunftsersuchen
Für die Finanzbehörden besteht zunächst die Möglichkeit der Ermittlung und Überprüfung von Kryptowährungsinhabern mit Hilfe von Sammelauskunftsersuchen (vgl. Beyer: Einkünfte aus Bitcoin - Ermittlungen durch Sammelauskunftsersuchen?). Hierbei handelt es sich um eine Anfrage von Informationen zu Steuerpflichtigen gegenüber einem Dritten, wobei bei Personengruppen durch bestimmte Kriterien eingegrenzt werden. In vielen Branchen geschieht dies schon mit geringem Verwaltungsaufwand dergestalt, dass Handelsplattformen oder Vermittlungsstellen kontaktiert werden, um Auskünfte zu erteilen. Für diese bereits durch die Rechtsprechung gedeckte Praxis wurde mit § 93 Abs. 1a AO zum 25.06.2017 auch eine gesetzliche Grundlage geschaffen.
Voraussetzung ist jedoch, dass konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich einer Steuerverkürzung aufgrund einer Prognoseentscheidung vorliegen; nicht möglich sind hingegen sog. „Ermittlungen ins Blaue hinein“. Vor dem Hintergrund der Anonymität der Geschäftsabwicklung bei Kryptowährungen mit der Folge der Anreizmöglichkeit zur Steuerhinterziehung wird wohl das Vorliegen des hinreichenden Ermittlungsanlasses bestehen.
Sofern es sich um eine deutsche Handelsplattform handelt, besteht unzweifelhaft die Zuständigkeit der deutschen Finanzbehörden. Bei einer ausländischen Plattform ist hingegen entscheidend, ob im jeweiligen DBA die Möglichkeit des Sammelauskunftsersuchens bzw. der Gruppenanfrage vorgesehen ist. Bei einer Gruppenanfrage sind im Gegensatz zum Sammelauskunftsersuchen die betreffenden Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Anfrage noch nicht identifiziert; die Eingrenzung erfolgt durch bestimmte gemeinsame Merkmale der Gruppenmitglieder.
b) Datenanfragen an Bitcoin-Plattformen
Der Internetplattform Motherboard ist zu entnehmen, dass die größte deutsche Bitcoin-Plattform bitcoin.de auf Anfrage der Polizei Hannover an diese Kundendaten weitergegeben hat. bitcoin.de führt auf seiner facebook-Seite dazu aus, dass Kundendaten an Ermittlungsbehörden herausgegeben werden, „wenn diese in konkreten Einzelfällen schriftlich angefragt und ein berechtigtes Interesse in Bezug auf konkrete Straftaten glaubhaft machen können“. Eine massenhafte Datenübermittlung oder eine Art „Rasterfahndung“ sei jedoch nicht durchgeführt worden. bitcoin.de verweist in diesem Zusammenhang auf § 21 Abs. 5 ihrer AGB, nach welchen sie zur Herausgabe von Daten an anfragende Behörden gesetzlich berechtigt seien. Auch in den FAQ auf der Homepage www.bitcoin.de finden sich unter der Frage „Was passiert mit den auf bitcoin.de gespeicherten Daten?“ der Hinweis, dass eine gesetzliche Berichtigung bestehe, Daten auch ohne richterlichen Beschluss bei Anfragen von Ermittlungsbehörden zu konkreten Straftaten herauszugeben.
Bereits im Jahr 2017 erfolgten Razzien bei den Plattformen Crimenetwork.biz und crimenet.biz. Hierbei stellten Spezialisten des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen und der Staatsanwaltschaft Köln 65 Bitcoins sicher und ein Student, welcher Provisionen für die Verwaltung der Bezahlung als Treuhänder erhalten hatte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Somit besteht offenkundig neben den Sammelauskunftsersuchen der Finanzbehörden ebenfalls für die Polizei die Möglichkeit der Stellung von Anfragen an Bitcoin-Plattformen.
Aus den USA ist bekannt, dass sich auf Entscheidung eines kalifornischen Gerichts die Plattform „Coinbase“ zur Offenlegung eines Großteils ihrer Nutzerdaten verpflichtet hat.
c) Ermittlungen in der Blockchain
Eine Rückverfolgung der individuellen Transaktionshistorie einer transparenten Blockchain ist technisch möglich. In diesem Zusammenhang hat sich bereits ein Markt entwickelt, welcher Werkzeuge zur forensischen Blockchain-Analyse erstellt. Wichtig ist hierbei, dass es sich um Werkzeuge handelt, bei welchen keine ermittelten Daten an Dritte weiter übermittelt werden. Den Strafverfolgungsbehörden sind jedoch in diesem Zusammenhang Grenzen gesetzt. Die Ermittlung dieser Daten ist nicht schrankenlos möglich. Maßgeblich sind hier die Generalklauseln der §§ 161, 163 StPO, welche jedoch nur Maßnahmen zulassen, die einen geringen Grundrechtseingriff nach sich ziehen. Jedoch besteht nicht die Sperre des § 100a StPO, da es sich bei einer Blockchain nicht um nicht-öffentliche Kommunikation handelt (besser gesagt bei der Transaktionshistorie der Blockchain). § 100a StPO würde zudem nur den eigentlichen Telekommunikationsvorgang schützen; Datenbestände hingegen nicht.
d) Internetforen
In verschiedenen Internetforen, z.B. bei facebook tauschen sich Eigentümer, Händler und Miner von Kryptowährungen über die Steuerpflichten im Zusammenhang mit Bitcoins aus. Manche schreiben dabei auch ganz unverblümt, dass sie die entsprechenden Gewinne nicht in ihrer Steuererklärung angeben werden und brüsten sich damit. Hier ist Vorsicht geboten. Es ist nicht auszuschließen, dass sich ein Steuerfahnder die Beiträge in solchen Foren ansieht, die u.U. sogar öffentlich einsehbar sind und überprüft, welche Forenteilnehmer ihre Gewinne aus Bitcoins in ihren Steuererklärungen angegeben haben.