1. Eheleute/Lebenspartner
Das erste Merkmal besteht darin, dass nur Eheleute bzw. Lebenspartner ein Berliner Testament errichten können.
2. Gegenseitige Erbeinsetzung und Schlusserbeneinsetzung
Das zweite Merkmal ist, dass die Eheleute sich in einem Berliner Testament zunächst gegenseitigals Alleinerben einsetzen, das heißt, nach dem Tod des Erstversterbenden geht das gesamte Vermögen auf den überlebenden Ehegatten über. Nach dem Tod des Letztversterbenden werden die gemeinsamen Kinder die Erben des letztversterbenden Ehegatten, die sogenannten Schlusserben. Diese Einsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben ist die klassische Form des Berliner Testaments. Möglich ist allerdings auch, dass die Eheleute andere Personen zu Schlusserben einsetzen, bei kinderlosen Ehepaaren etwa Nichten und Neffen oder eine karitative Organisation.
3. Ein Dokument
Das dritte Merkmal des Berliner Testaments schließlich ist ein formales Merkmal: die Eheleute dürfen gemeinsam auf einem Blatt Papier, also in einem Dokument, testieren, es genügt, wenn nur ein Ehegatte das Testament komplett niederschreibt und der andere lediglich mitunterschreibt.
Dies ist eine aus juristischer Sicht durchaus bemerkenswerte Abweichung vom Grundsatz, wonach ein Testament vom Testierenden höchstpersönlich handschriftlich verfasst werden muss. Es ist sozusagen eine Privilegierung von Ehegatten hinsichtlich der Form des Testaments.
4. Bindungswirkung
Das vierte Merkmal ist die sogenannte Bindungswirkung des Berliner Testaments:
Die Einsetzung der Kinder als Schlusserben hat bindende Wirkung, das heißt, dass der Überlebende der beiden Ehegatten diese Schlusserbeneinsetzung nach dem Tod des Erstversterbenden nicht einfach ändern kann und z.B. in einem neuen Testament statt der zu Schlusserben eingesetzten Kinder einen neuen Lebensgefährten oder Ehemann als Erben einsetzen kann. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Es wird davon ausgegangen, dass die Eheleute sich nur deshalb gegenseitig zu Erben eingesetzt haben, weil der jeweils andere nach seinem Letztversterben die gemeinsamen Kinder einsetzt, das heißt, dass das Vermögen letztlich an die Kinder geht. Es wurde also ein Vertrauenstatbestand zwischen den Eheleuten geschaffen. Der Fachbegriff für diesen Vertrauenstatbestand ist „Wechselbezüglichkeit“. Dem Berliner Testament kommt somit quasivertragliche Wirkung zu, ähnlich wie bei einem Erbvertrag. Aber dieErbeinsetzung der Schlusserben ist nicht immer zwangsläufig wechselbezüglich. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, dass im Testament ausdrücklich eine Öffnungsklausel niedergelegt wird, also dergestalt, dass der Überlebende berechtigt sein soll, das Testament zu ändern. Eine Wechselbezüglichkeit ist auch dann nicht anzunehmen, wenn der Letztbedachte nicht verwandt mit Erstverstorbenen, also in dem Fall etwa, dass Eheleute keine Kinder haben und zu Schlusserben die Nichte der Ehefrau, welche die Überlebende ist, zu Schlusserben eingesetzt haben. In diesem Fall wird im Normalfall davon ausgegangen, dass es dem verstorbenen Ehemann mangels Verwandtschaft zu der ursprünglich eingesetzten Nichte gleichgültig ist, ob seine Ehefrau diese Erbeinsetzung ändert. Es kann dies aber auch anders sein, hier ist der jeweilige Einzelfall zu betrachten.
Der Überlebende darf – auch wenn er es bei der Schlusserbeneinsetzung belässt – im Übrigen auch kein neues Testament, errichten, wenn dieses die Schlusserben des Berliner Testaments anderweitig beeinträchtigen, also deren Erbschaft vermindern würde. Er darf also z.B. nicht Vermächtnisse zugunsten Dritter aussetzen, die einen Abfluss aus der Erbmasse zur Folge hätten. Was viele nicht wissen: der Überlebende darf nach dem Ableben des Erstversterbenden auch keine Schenkungen an Dritte machen. Warum, das liegt auf der Hand: auf diese Art und Weise könnte er den ganzen Nachlass wegschenken und dadurch würde die quasivertragliche Wirkung des Berliner Testaments ausgehöhlt und das Vertrauen des Erstversterbenden in dessen Bestand enttäuscht. Sollte er das aber trotzdem Schenkungen machen, dann sind die eingesetzten Schlusserben im Grundsatz berechtigt, die Erbschaft, z.B. ein Haus, vom Beschenkten herauszuverlangen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der überlebende Ehegatte ein berechtigtes Interesse an der Änderung der Schlusserbeneinsetzung hatte, etwa wenn er pflegebedürftig ist und seine Pflegeperson als Erbe einsetzt, weil er diese dadurch enger an sich binden will.
Wie kann ein Berliner Testament geändert werden?
Ein Berliner Testament kann zu Lebzeiten beider Ehepartner geändert werden, und zwar durch Widerruf des alten und die gemeinsame Abfassung eines neuen Testaments. Ist das nicht möglich oder verweigert einer der beiden Ehepartner die Mitwirkung an der Abfassung eines neuen Testaments, so kann ein Ehegatte seine darin getroffenen Verfügungen dennoch einseitig widerrufen, was notariell geschehen muss. Lassen sich die Eheleute scheiden, so hat der Gesetzgeber allerdings vorgesorgt: von Gesetzes wegen wird eine Erbeinsetzung des anderen Ehegatten dann unwirksam.